Wie verläuft die orale Phase nach Freud bei Babys?
Die orale Phase ist nach der Lehre von Sigmund Freud der Beginn der psychosexuellen Entwicklung. Sie dauert mindestens zwölf Monate und kann Auswirkungen bis ins Erwachsenenalter haben.
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Laut Freud stellt die orale Phase den Anfang der menschlichen Sexualität dar und beginnt schon kurz nach der Geburt. Der österreichische Arzt und Psychiater (1856 bis 1939) widersprach der damals gültigen Meinung, Kinder seien asexuelle Wesen.
Was ist die orale Phase und wie lange dauert sie?
Während der oralen Phase führt der Mund zur Befriedigung von Bedürfnissen, so Freuds Annahme. Babys werden gestillt. Sie nuckeln auch am Schnuller oder am Finger. Das verschafft Lust und verringert Stress. Spannungen werden so abgebaut.
Freud zufolge beginnt die orale Phase beim Baby im Alter von null Monaten, sprich sofort nach der Geburt. Sie dauert zwölf bis 18 Monate. Damit gibt es eine orale Phase auch noch bei Kindern beziehungsweise Kleinkindern. Der genaue Zeitraum schwankt je nach Geschwindigkeit der Entwicklung.
Wie passt die orale Phase in Freuds Konzept?
Sigmund Freud arbeitete mit dem sogenannten Drei-Instanzen-Modell. Demnach gibt es das „Es“, das „Ich“ und das „Über-Ich“:
- Das „Es“ beschreibt unbewusste Verhaltensweisen wie den Nahrungstrieb beziehungsweise den Sexualtrieb. Dazu gehören auch Affekte wie Liebe oder Hass.
- Zum „Ich“ gehören das bewusste Denken und Entscheiden im Alltag.
- Im „Über-Ich“ spiegeln sich als „Gewissen“ gesellschaftliche Normen und Werte wider.
Während der oralen Phase dominiert das „Es“. Wie Freud annahm, sind weder das „Ich“ noch das „Über-Ich“ bei Babys voll entwickelt. Das heißt, jede Handlung basiert auf dem Lustprinzip. Nichtsdestotrotz bildet sich das kindliche „Ich“ während der oralen Phase langsam aus.
Zwei Faktoren tragen dazu bei: Das Baby lernt eigene körperliche Grenzen kennen, etwa wenn es getragen wird und sich dabei unwohl fühlt. Es erfährt aber auch, das bestimmte Verhaltensweisen seine Bedürfnisse befriedigen. Weint ein Baby, wird es die Mutter bald stillen.
Wie beeinflusst die Entwöhnung die orale Phase?
Die Entwöhnung gilt nach Freud als ein Schlüsselerlebnis in der oralen Phase – nämlich als Verlust der körperlichen Intimität an der Mutterbrust. Gleichzeitig steigert sich das Selbstwertgefühl.
Kinder lernen, dass sie ihre Umwelt nicht immer kontrollieren. Eine verzögerte Befriedigung durch kurze Phasen des Hungers führt dazu, dass sich Selbstständigkeit und Vertrauen ausbilden.
Wie wirkt sich die orale Phase auf das spätere Leben aus?
Im Mittelpunkt steht während der oralen Phase des Babys ein inniger Kontakt zur Mutter als der wichtigsten Bezugsperson. Erfährt das Kind eine zu starke oder zu schwache Befriedigung seines Verlangens, kann das nach Freud noch im Erwachsenenalter Folgen haben.
Bei zu viel Befriedigung fehlt die Erkenntnis, dass ein Kind seine Umwelt nicht kontrolliert und dass Befriedigung nicht immer sofort möglich ist, was gemäß Freud zu einer unreifen Persönlichkeit führt.
Bei zu wenig Befriedigung könnte ein Mensch passiv werden, wenn er als Kind lernt, dass sein Verhalten keine Reaktion bei der Mutter auslöst. Aber auch ohne Entwicklungsdefizite hat die orale Phase noch Einfluss bis ins Erwachsenenalter, etwa beim Küssen.
Quellen:
Berg, Laura (2011): Entwicklungspsychologie, München: Pearson
Trautner, Hans (1997): Lehrbuch der Entwicklungspsychologie in zwei Bänden, Göttingen: Hogrefe Verlag
Speer, Christian P.; Gahr, Manfred; Dötsch, Jörg (2018): Pädiatrie, Berlin: Springer-Verlag
Förg, Theresa (2019): BASICS Pädiatrie, München: Elsevier/Urban&Fischer