Wenn Bandwürmer tödlich werden

Ein Mann aus Kolumbien starb an Lungenkrebs. Die Ursache der Krebserkrankung überraschte seine Ärzte: Er hatte sich bei seinem Bandwurm angesteckt. Bei einem US-Patienten entdeckten Ärzte eine Bandwurmlarve im Gehirn, die den Mann beinahe das Leben kostete.
Im Januar 2013 suchte ein 41-jähriger Patient im kolumbianischen Medellín medizinischen Rat. Er litt an Fieber, Husten und Müdigkeit und verlor seit einigen Monaten Gewicht. 2006 wurde bei dem Patienten HIV diagnostiziert.
Der Mann hatte seine Medikamente nicht genommen und war durch die Schwächung seines Immunsystems stark von Zwergbandwürmern befallen. Diese Würmer werden einen bis vier Zentimeter lang und verursachen anfangs meist keine Symptome. Doch sie vermehren sich schnell und nach rund einem Jahr zeigen sich Verdauungsbeschwerden, Müdigkeit und Blässe. Zur Infektion mit den Würmern kommt es beispielsweise durch den Verzehr von Insekten oder Ausscheidungen von Mäusen auf Lebensmitteln.
Der Stuhl des kolumbianischen Patienten enthielt viele Bandwurmeier. Doch was die Ärzte ins Stutzen brachte, war ein Fund an den inneren Organen des Mannes: Auf seiner Lunge und seinen Lymphknoten befanden sich zahlreiche kleine Tumoren, wie sie die Mediziner nie zuvor gesehen hatten.
Tumoren hatten gleiche DNA wie Bandwürmer
„Die Tumoren sahen aus wie menschlicher Krebs, aber Laboruntersuchungen ergaben, dass die Krebszellen nicht menschlich waren“, erklärten Wissenschaftler der Centers for Disease Control and Prevention (CDC), die den Fall untersuchten.
Dem Patienten ging es in der Zwischenzeit immer schlechter und nach einigen Monaten verstarb er. Nach einer Reihe von Tests stellten die Forscher schließlich fest, dass die Tumorzellen die gleiche DNA hatten wie die Bandwürmer.
„Wir waren verblüfft, als wir diese neue Art der Erkrankung fanden – Bandwürmer, die in einer Person wachsen, Krebs bekommen und ihn auf die Person übertragen und so Tumoren verursachen“, sagte Dr. Atis Muehlenbachs, ein Pathologe der CDC, der an der Lösung des Rätsels beteiligt war.
Die Wissenschaftler glauben, das Fälle wie der des Kolumbianers selten sind – dennoch halten sie ihn nicht für einen Einzelfall: „Dieser Bandwurm ist weltweit verbreitet und Millionen von Menschen leiden an Erkrankungen wie HIV, die ihr Immunsystem schwächen. Also könnte es mehr Fälle geben, die bisher nicht erkannt wurden. Das ist definitiv ein Gebiet, auf dem mehr geforscht werden sollte.“
Der Fall wirft viele weitere Fragen auf, etwa die nach der Therapie von durch Bandwürmer verursachten Tumoren. Bandwürmer werden mit Medikamenten behandelt, doch es ist nicht klar, ob diese Medikamente auch Tumoren heilen können. Außerdem ist unklar, ob eine Chemotherapie bei dieser Art von Krebs wirksam ist.
Bandwurm befällt Gehirn
Ein anderer Fall sorgte in Kalifornien für Aufsehen: Der 26-jährige Luís Ortíz klagte seit Ende August über Kopfschmerzen. Anfang September wurden die Schmerzen eines Tages so stark, dass sie nicht mehr auszuhalten waren.
Ortíz wirkte verwirrt und als er schließlich begann, sich wiederholt zu übergeben, brachte seine Mutter ihn ins Krankenhaus. Dort fand Neurochirurg Soren Singel den Grund für die Beschwerden des jungen Mannes: Eine Bandwurmlarve hatte sich in seinem Gehirn eingenistet. Als „Nest“ diente ihr eine Zyste, die die Flüssigkeitsversorgung des Gehirns abschnitt.
Singel bohrte ein Loch oberhalb der Augenbraue des Patienten und entfernte den Wurm samt Zyste. „Der Wurm zappelte noch, als wir ihn rauszogen“, erzählte Singel dem Napa Valley Register.
Die behandelnden Ärzte vermuten, dass der Parasit als Ei in den Körper des Patienten gelangte, das sich im Essen befand, wahrscheinlich in Schweinefleisch.
Durch den Parasitenbefall nahm Ortíz’ Erinnerungsvermögen dauerhaft Schaden.