Was bedeutet es, wenn Angstschwindel den ganzen Tag auftritt?
Angstschwindel den ganzen Tag – das sind Beschwerden, die die Lebensqualität stark beeinträchtigen können. Wie kommt es zu dem dauerhaften Schwindelgefühl? Und was hilft, um den Angstschwindel loszuwerden?
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Alles dreht sich und die Welt scheint zu Wanken – so fühlt sich Schwindel (Vertigo) an. Bei mehr als der Hälfte der Betroffenen ist der Drehschwindel nicht auf eine körperliche Erkrankung, sondern auf die Psyche zurückzuführen. Medizinisch ist dann von psychogenem Schwindel die Rede, der durch seelische Belastungen ausgelöst wird. Darunter fällt der Angstschwindel, der den ganzen Tag anhalten kann und zur häufigsten Schwindelform zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr zählt.
Angsterkrankungen: Schwindel ist ein häufiges Begleitsymptom
Schwindel ist keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Symptom. Liegt keine organische Ursache vor, so ist es die Psyche, die solche Schwindelzustände hervorruft. Denn dauerhafte seelische Belastungen können sich auch körperlich auswirken: Die Anspannung ist auf einem konstant hohen Niveau und kann so verschiedene körperliche Reaktionen wie Schwindel auslösen.
Häufig sind Menschen mit einer Angsterkrankung von einem psychisch bedingten Schwindel betroffen. Insbesondere bei
Panikstörungen,
phobischen Störungen sowie
generalisierten Angststörungen
tritt Angstschwindel auf, der in einem Teufelskreis münden kann: Betroffenen ist schwindelig, sie überbewerten dieses körperliche Symptom und haben katastrophisierende Gedanken, dass mit ihnen etwas nicht stimmen könnte. Sie gehen zunächst davon aus, dass etwas organisch im Körper nicht in Ordnung ist – dabei ist Schwindel eigentlich nicht der Auslöser, sondern die Folge von Angst. Aus diesem Grund wird diese Schwindelform auch als „phobischer Schwindel“ bezeichnet: Die Angst davor, dass die nächste Schwindelattacke bestimmt bald kommt.
So fühlt sich Angstschwindel an
Schwindel im Rahmen einer Angststörung zeigt sich durch diese Symptome:
Drehgefühl
verzerrte Wahrnehmung der Umgebung
Benommenheit
Gefühl, gleich bewusstlos zu werden
Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren
Unruhe, Nervosität, innere Anspannung
Übelkeit
Zudem kann das Gefühl der Angst durch den Schwindel weiter verstärkt werden. Betroffene haben zum Beispiel Angst davor, dass sich dahinter eine schwere Erkrankung verbirgt, oder meiden Situationen und Orte, an denen ihnen schwindelig wurde.
Schwindel bei generalisierter Angststörung
Wer unter einer generalisierten Angststörung leidet, kann kurzzeitige Schwindelattacken erleben oder einen Angstschwindel, der den ganzen Tag anhält. Dieser Dauerschwindel kann über den Tag verteilt mal stärker und mal schwächer ausfallen.
Viele Betroffene nehmen an, dass ihre Ängste auf den Schwindel zurückzuführen sind und suchen daher viele Ärzt:innen auf, um eine organische Ursache zu finden. Sie denken dabei zum Beispiel an einen Schlaganfall, Herzinfarkt oder gar Hirntumor. Wer meint, an diesen Erkrankungen zu leiden, bekommt verständlicherweise Angst – und dieses Gefühl kann den Schwindel weiter verstärken. Dabei ist ihnen oftmals nicht bewusst, dass die Angststörung selbst für die Attacken verantwortlich ist.
Zudem kann bei dieser Form des Angstschwindels die Angst aufkommen, in Ohnmacht zu fallen. Die Gliedmaßen fühlen sich kalt an, der Atem wird schneller. Diese körperlichen Beschwerden verstärken wiederum die Angst so sehr, dass eine Todesangst entstehen kann.
Bei Panikattacken Schwindel: Beschwerden können mehrmals täglich auftreten
Wer schon einmal eine Panikattacke hatte, kennt das Gefühl: Die Farben und Formen um einen herum scheinen zu verschwimmen, die Laute sind nur noch gedämpft hörbar, man fängt an zu schwitzen, alles dreht sich und es kommt eine Todesangst auf – ein Zustand, der in höchstem Maße beängstigend ist, weil man die Kontrolle über den eigenen Körper zu verlieren scheint.
Der Angstschwindel ist während der eigentlichen Panikattacke, die meistens nicht länger als 30 Minuten anhält, am stärksten. Dennoch fühlen sich viele Betroffene auch nach einer solchen Panikattacke benommen und ihnen ist schwindelig – manchmal über mehrere Stunden, in denen sie sich so fühlen, als würden sie neben sich stehen.
Die Folge von Angstschwindel bei Panikattacken ist oftmals, dass Betroffene irgendwann Orte und Situationen meiden, in denen sie diese Beschwerden hatten, zum Beispiel im Supermarkt, in der Bahn oder im Flugzeug. Dieses Vermeidungsverhalten kann zu einer sogenannten phobischen Störung führen – eine Phobie, bei der Plätze (Agoraphobie), Menschen (soziale Phobie) oder auch der Arbeitsplatz gemieden werden.
Angstschwindel bei Phobien
Die Angst davor, dass andere einen beobachten, bewerten und kritisieren könnten, kann zu Schwindelanfällen führen. Besonders dann, wenn Betroffene auf fremde Menschen treffen, ist diese Sozialphobie am größten. Die innere Anspannung wächst in solchen Situationen ins schier unermessliche, weil befürchtet wird, gleich einen Fehler zu machen, sich komisch zu verhalten und sich so zu blamieren. Das Schwindelgefühl kann zusammen mit Zittern, Schweißausbrüchen, rasendem Herzklopfen und Erröten auftreten – eine Panikattacke in solchen Situationen ist keine Seltenheit.
Auch bei anderen phobischen Störungen wie einer Agoraphobie und Arbeitsplatzphobie ist Schwindel ein häufiges Symptom.
Dauerhaftes Schwindelgefühl bei Hypochondrie
Menschen, die Angst davor haben, schwer krank zu werden, beobachten ihren Körper genau. Jedes noch so kleine Symptom wird voller Sorge in Augenschein genommen. Besonders diffuse Beschwerden wie Schwindel, Übelkeit oder Kopfschmerzen werden bei einer hypochondrischen Störung sofort überbewertet, weil diese Symptome nicht eindeutig einer Krankheit zuordbar sind. Durch die innere Anspannung und Angst können sich die Beschwerden jedoch verstärken – und zum Beispiel zu einem Angstschwindel führen.
Angstschwindel den ganzen Tag: Was hilft?
Bereits die richtige Diagnose kann für Betroffene eine Erleichterung bringen: So wissen sie, ob der Schwindel durch organische Krankheiten oder die Psyche ausgelöst wird. Handelt es sich um Angstschwindel, sollte die zugrundeliegende Angsterkrankung behandelt werden – am besten in Form einer Psychotherapie, gegebenfalls mit medikamentöser Unterstützung. Insbesondere SSRI-Antidepressiva haben sich als hilfreich erwiesen.
In der Psychotherapie spielt die sogenannte Psychoedukation bei Schwindel eine wichtige Rolle. Dabei geht es darum, dass Betroffene über das Krankheitsbild umfassend aufgeklärt werden. Das hilft ihnen dabei, den Schwindel und andere psychosomatische Beschwerden besser verstehen und einordnen zu können – bei vielen Patient:innen tritt allein schon durch das fundierte Wissen über ihre Symptome eine deutliche Besserung ein.
Auch dem "Selbstbeobachtungs-Teufelskreis" wird besondere Aufmerksamkeit im Rahmen einer Psychotherapie geschenkt. Ziel ist es unter anderem, diesen Teufelskreis zu durchbrechen und einen Weg für sich zu finden, die Beschwerden nicht überzubewerten. Letztlich geht es darum, die inneren und äußeren Konflikte zu finden und zu lösen, die zur Angsterkrankung und dem Schwindel führen.
Dabei können Schwindelzustände auch symbolisch betrachtet werden:
Was kann es sein, das mich aus dem Gleichgewicht bringt?
Warum traue ich mir nicht zu, auf eigenen Füßen zu stehen?
Kann ich Kontrolle abgeben und loslassen?
Fängt mich jemand auf, wenn ich im Leben Niederlagen erlebe?
Darüber hinaus kann es in der Therapie darum gehen, das Vermeidungsverhalten abzulegen, indem man sich den Situationen explizit aussetzt, in denen das Schwindelgefühl auftritt.
Schwindel bei Panikattacken wird besser, wenn Sie ihn zulassen
Wer unter Panikattacken und Schwindel leidet, sollte sich einen „Notfallkoffer“ zulegen, um mit der Zeit extreme Angstzustände aus eigener Kraft überwinden zu können. Eine wirkungsvolle Strategie ist es zum Beispiel, das Symptom Schwindel (und andere Paniksymptome) als das zu sehen, was es ist: eine körperliche Reaktion – und keine Lebensgefahr.
Je mehr Sie die Symptome zulassen, desto eher lösen sie sich wieder auf. Denn ein innerer Kampf gegen die Panik bewirkt, dass sie sich verstärkt. Diese Strategie bedarf Übung und gelingt nicht auf Anhieb – doch Sie werden mit der Zeit sehen, wie Schwindel und Co. dadurch weniger werden. Weitere Panikattacken-Sofortmaßnahmen finden Sie hier.
Dauerhaftes Schwindelgefühl verringern mit Sport und Entspannung
Ergänzend zur professionellen Hilfe können Sie selbst viel dafür tun, um den Angstschwindel abzumildern. Vor allem Ausdauersport und Entspannungstechniken helfen dabei:
Joggen, Schwimmen oder Radfahren sorgen nicht nur dafür, den Kopf freizubekommen. Sport hilft auch dabei, den Körper zu kräftigen, mehr Stabilität zu bekommen und den Gleichgewichtsinn zu trainieren. Ideal ist zum Beispiel das Laufen über unebenes Gelände.
Entspannungsübungen wie die progressive Muskelentspannung tragen dazu bei, die innere Anspannung – die typisch bei Angststörungen ist – besser abbauen zu können. Durch diese Entspannungstechnik sinkt der Blutdruck, der Puls und die Atmung werden ruhiger.
Weitere Tipps gegen akute Schwindelgefühle finden Sie hier:
In jedem Fall ist es ratsam, bei Angstschwindel, der den Tag anhält oder in Attacken auftritt, ärztlichen Rat einzuholen, um die Beschwerden langfristig in den Griff zu bekommen – damit Sie das Leben wieder schwindel- und angstfrei genießen können.
Quellen:
Schaaf, V. H. Angst-Schwindel und Schwindel-Angst. Daz Nr. 71, III/2015, S. 4-10.
Schwindel kann auch durch Angststörung verursacht sein, in: neurologen-und-psychiater-im-netz.org