Verstopfung bei Kindern: Wenn der Darm träge ist

Ein jeder kennt es: Manchmal macht der Darm schlapp. Ob im Urlaub durch veränderte Essgewohnheiten und weniger Bewegung, nach einem Infekt oder ohne direkt ersichtlichen Grund: Plötzlich funktioniert die Verdauung nicht mehr wie gewohnt. Aber wie gefährlich ist Verstopfung bei Kindern?

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Das sagt die Kinderärztin Dr. med. Nadine McGowan

Bauchschmerzen und Verstopfung, auch Obstipation genannt, kommen bei Kindern häufig vor. Wie äußert sich eine Verstopfung bei Kindern? Was sind – außer den genannten – Gründe für eine akute oder auch chronische Verstopfung? Was kann therapeutisch getan werden? Wie kann insbesondere der Teufelskreis von schmerzhaftem Stuhlgang, daraus resultierendem Zurückhalten von Stuhl und weiterer Stuhlverhärtung durchbrochen werden?

Eine akute Verstopfung kann äußerst schmerzhaft sein – nicht selten habe ich Kinder erlebt, die blass vor Schmerz und nicht mehr gehfähig in die Notaufnahme kamen, so dass jeder dachte: „Da können wir gleich die Chirurgen rufen, wenn das kein Fall für den OP ist, weiß ich auch nicht!“

Verlauf und Behandlung einer Verstopfung

Und dann tastet sich bei der Untersuchung eine feste (Stuhl-)Walze im linken Unterbauch. Auf Nachfrage war der letzte Stuhlgang hart und oder schon vor einigen Tagen. Auf eine rektal-digitale Untersuchung (Untersuchung des Enddarms mittels des kleinen Fingers) wird bei Kindern normalerweise verzichtet, sofern es sich um einen sonst eindeutigen Befund handelt. In der Regel wird bei Verstopfung bei Kindern ein Einlauf gemacht – ganz vorsichtig und mit angewärmtem Kochsalz oder Glycerin, um die harte Stuhlwalze aufzuweichen. Kurze Zeit später erfolgt dann der – sehr erleichternde – Stuhlgang und das Kind, das man eben noch auf dem OP-Tisch sah, läuft fröhlich aus der Ambulanz. So ist meist der Verlauf bei einer akuten Verstopfung.

Ursachen für Verstopfung und chronische Verstopfung bei Kindern

Eine Verstopfung bei Kindern tritt oft durch Nahrungsmittelumstellungen, nach Infekten oder auch bei zahnenden Kindern auf und kann oft durch einmalige, abführende Maßnahmen beseitigt werden. Anders verhält es sich bei der chronischen Verstopfung: Dabei ist die Verdauung dauerhaft nur sehr selten, der Stuhlgang ist hart und schmerzhaft. Die Kinder müssen erst wieder „lernen“, dass der Toilettengang nichts Unangenehmes ist.

Kind hat Verstopfung aus Angst vor Toilette
Die Toilettenumgebung sollte angenehm sein – manche Kinder haben Angst, in die Toilette zu fallen und halten deshalb ihren Stuhl zurück. Verstopfung kann die Folge sein Foto: Fotolia

Die chronische Verstopfung bei Kindern hat andere Gründe als die akute. Meist liegen dauerhafte Ernährungsfehler vor. Dazu zählt eine zu geringe Trinkmenge, insbesondere bei hohem Konsum von Ballaststoffen – zur komplikationslosen Verdauung von eigentlich verdauungsfördernden Ballaststoffen ist ausreichend Flüssigkeit zwingend notwendig. Außerdem begünstigen „stopfende“ Lebensmittel wie Schokolade, Bananen, Weißbrot, Nudeln oder weißer Reis Darmträgheit.

Es kann aber auch eine Erkrankung wie eine Schilddrüsenunterfunktion dahinterstecken. Deshalb sollte eine solche bei chronischer Verstopfung immer mit abgeklärt werden. Auch eine Laktoseintoleranz oder andere Nahrungsmittelunverträglichkeiten können sich in seltenen Fällen mal durch eine Obstipation und nicht durch Durchfall zeigen.

Was tun bei Darmträgheit?

Es gibt auch Menschen, die immer einen „trägeren Darm“ haben und besonders viel Flüssigkeit benötigen, um eine normale Verdauung zu gewährleisten. Andere werden schon von nur kleinen Veränderungen im Speiseplan oder ihrer Lebensweise „aus der Bahn geworfen“ und leiden dann an Obstipation. Diese Patienten können sich oft mit stuhlaufweichenden Hausmitteln behelfen, wie beispielsweise einem Glas frischgepresstem Orangensaft, Sauerkraut- oder Pflaumensaft, Milchzucker (Achtung, Milchzucker kann bei einigen Patienten zu starken Blähungen führen und ist insbesondere für Menschen mit einer Laktoseintoleranz kontraindiziert!), Lein- oder Flohsamen oder getrocknete Pflaumen (hier auf zusätzliche Flüssigkeit achten!), um mal die gängigsten zu nennen.

Sprechen Sie mit Ihrem Haus- oder Kinderarzt, wenn Sie unsicher sind, was Sie selbst versuchen können, um Verstopfung bei Kindern in den Griff zu bekommen. Eine vorherige Abklärung, ob nicht organische Ursachen für die Obstipation vorliegen, sollte in jedem Fall beim Arzt erfolgen.

Um bei Kindern nach erfolgter Ursachensuche den Teufelskreis des Stuhlverhaltes und der Obstipation zu durchbrechen, ist oft eine längerdauernde Behandlung mit stuhlerweichenden Medikamenten wie Movicol notwendig. Diese werden in der Dosis so angepasst, dass ein weicher, nicht schmerzender Stuhl(-gang) resultiert und über eine gewisse Zeit aufrecht erhalten bleibt. Dies dient dazu, die gedankliche Verknüpfung beim Kind „Stuhlgang ist unangenehm, also halte ich lieber zurück...“ zu lösen. Nach einiger Zeit reduziert man dann die Dosis wieder schrittweise. Diese Medikamente sind übrigens nicht mit den sonst bekannten „Abführmitteln“ zu vergleichen, die den Darm auf Dauer noch träger machen und zu schweren Elektrolytentgleisungen führen können. Abführmittel sind für Kinder gar nicht zugelassen.

Verstopfung bei Kindern
Verstopfung bei Kindern kann schnell gefährlich werden. Halten Sie daher unbedingt Rücksprache mit Ihrem Kinderarzt Foto: Fotolia

Falsche Toilettenumgebung und Bewegungsmangel begünstigen Obstipation

Nicht zu vernachlässigen ist übrigens bei Kindern, dass die Toilettenumgebung angenehm ist und ihre Privatsphäre gewahrt wird. Sie sollten in Ruhe „ihr Geschäft verrichten können“ und gegebenenfalls einen Kindertoilettensitz haben, damit sie bequem sitzen und sich nicht sorgen müssen, in die Toilette zu fallen. Manchmal sind auch diese Dinge ein Grund für Stuhlverhalt und die Folgeprobleme.

Was übrigens immer förderlich für einen gesunden Darm und den Stuhlgang ist, ist körperliche Bewegung. Das hält auch den Darm auf Trab. Und: Viele Kinder haben in den ersten Lebensjahren mal eine Episode von länger dauernder Verstopfung. Die Umstellung von Milchnahrung auf feste Beikost fällt nicht jedem Bauch gleich leicht.