Sexuelle Unlust bei der Frau: Wie kommt es zum Libidoverlust?
Es gibt Phasen, in denen sexuelle Unlust bei der Frau wie beim Mann natürlicherweise auftritt: Stress sowie körperliche und psychische Belastungen dämpfen das Verlangen. Bei Frauen kommen jedoch noch hormonelle Dysbalancen als wichtige Komponente hinzu. Warum und wie dauerhafte sexuelle Unlust bei Frauen ab 50, über 60 oder mit 20 Jahren entstehen kann.

Sexuelle Unlust bei der Frau ist (wie auch beim Mann) nicht weiter problematisch, wenn man nicht darunter leidet. Doch wenn die Lust plötzlich für lange Zeit abhandenkommt und man dies als belastend empfindet, sollten sich Betroffene auf Spurensuche begeben. Die gute Nachricht vorweg: Man kann die Libido mit einfachen Mitteln und Tipps wieder zum Entfachen bringen.
Sexuelle Unlust bei der Frau: Wann wird es zum Problem?
Menschen – ob Frauen oder Männer – können in Sachen Libido nicht unterschiedlicher sein. Vor allem in einer langjährigen Beziehung kommen die Unterschiede deutlich zutage: Während die einen am liebsten jeden Tag mit ihrem:ihrer Partner:in intim werden möchten, ist für die anderen einmal die Woche oder einmal im Monat Sex völlig ausreichend.
Eine Umfrage des Datingportals Partnership aus dem Jahr 2020 ergab, dass über ein Drittel der unverheirateten Paare mehrmals die Woche Sex haben. Bei verheirateten Paaren lag der Anteil bei nur rund 19 Prozent. Das Ergebnis spiegelt den Umstand wider, dass in langjährigen Partnerschaften das sexuelle Verlangen in der Regel abnimmt – idealerweise auf einem Niveau, mit dem sich beide Partner arrangieren können. Die Realität sieht aber oftmals ganz anders aus.
Es kann zu monatelangen Durststrecken kommen, weil sich bei einem der Partner die Lust einfach nicht einstellen will. Oder der partnerschaftliche Sex verkommt zur Pflicht, die man dem anderen zuliebe erfüllt. Beide Möglichkeiten, mit der eigenen Unlust umzugehen, sind mit erheblichen negativen Folgen verbunden: Sex trotz Lustlosigkeit kann dem eigenen Wohlbefinden schaden, während fehlende Intimität langfristig der Beziehung schadet. Zudem kann das fehlende Verlangen von den Betroffenen selbst als belastend empfunden werden.
Kein oder kaum sexuelles Verlangen, das mindestens sechs Monate anhält und mit einem Leidensdruck einhergeht, erfüllt die Kriterien einer sogenannten Luststörung (auch Appetenz- oder Libidostörung genannt). Zusammen mit Orgasmusstörungen zählt die Luststörung zu den häufigsten sexuellen Funktionsstörungen bei Frauen.
Wie äußert sich sexuelle Lustlosigkeit?
Ein geringes sexuelles Verlangen äußert sich nicht nur und nicht immer durch fehlenden Sex. Menschen, die keine Lust empfinden, haben zudem keine oder kaum sexuelle Fantasien und fühlen sich weder zum eigenen Partner noch zu anderen Menschen sexuell hingezogen. In einer Beziehung ist Lustlosigkeit mitunter nur daran erkennbar, dass man den Geschlechtsverkehr nie selbst initiiert. Außerdem kann die Lustlosigkeit mitunter nur auf bestimmte Bereiche der Sexualität gerichtet sein. So ist es möglich, dass man zwar Lust auf Selbstbefriedigung hat, aber kein Verlangen nach Sex mit dem Partner.
Sexuelle Unlust bei der Frau: Ursachen sind vielfältig
In Beziehungen tritt sexuelle Unlust für gewöhnlich phasenweise auf. Dabei lässt sich die Lustlosigkeit häufig nicht auf eine einzige Ursache herunterbrechen. Vielmehr spielen meist mehrere Faktoren eine Rolle. Zu den häufigsten Ursachen gehören veränderte oder belastende Lebensumstände, die die Sexualität in den Hintergrund rücken lassen, wie starker beruflicher Stress, die Geburt eines Kindes, die Pflege eines Angehörigen oder Erkrankungen.
Hinzu kommt, dass viele Frauen auch heutzutage noch neben dem Beruf den größeren Anteil in der Kindererziehung und der Familienorganisation und mehr Aufgaben im Haushalt übernehmen, was zu chronischem Stress führt.
Die Libido reagiert überaus empfindlich auf psychische und seelische Belastungen. Nicht nur ein dauerhaft hoher Stresspegel lässt Lustlosigkeit entstehen, sondern auch (unbehandelte) psychische Erkrankungen, allen voran Depressionen und Angststörungen. Libidoverlust erleben Schätzungen zufolge 80 bis 90 Prozent der an Depressionen erkrankten Menschen. Zugleich gehört Lustlosigkeit zu den häufigen Nebenwirkungen von Antidepressiva. Generell können Medikamente die Libido hemmen.
Mitunter sind jedoch weder Stress noch Erkrankungen oder äußere Einflüsse verantwortlich für fehlendes Verlangen. Gewohnheit und Monotonie sowie unausgesprochene partnerschaftliche Konflikte zersetzen ebenfalls die Lust auf Sex, genauso wie Unsicherheiten in Bezug auf den eigenen Körper.
Die möglichen Ursachen von sexueller Unlust im Überblick:
Beruflicher Stress
Familiäre Belastungen
Finanzielle Probleme
Unterschwellige Partnerschaftskonflikte
Häufiger Streit oder häufige Kritik vom Partner
Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper
Körperliche und psychische Erkrankungen
Neben Stress, Konflikten und Erkrankungen kommt eine weitere Ursache für sexuelle Unlust bei der Frau infrage: Die Hormone. Sie können in den verschiedenen Altersgruppen auf unterschiedliche Weise für Lustlosigkeit sorgen.
Sexuelle Unlust bei der Frau mit 20 oder 30: Hormone als häufige Ursache
Bei Frauen wird die Libido maßgeblich durch das weibliche Sexualhormon Östrogen gesteuert. Das erklärt, warum in der Zeit um den Eisprung herum viele Frauen eine starke Luststeigerung empfinden: In dieser Zyklusphase, die etwa sechs Tage andauert, ist der Östrogengehalt im Blut am höchsten. Damit Verlangen entstehen kann, muss jedoch auch das männliche Sexualhormon Testosteron in einer bestimmten Menge im weiblichen Körper vorhanden sein.
Doch schon in jungen Jahren kann das natürliche hormonelle Gleichgewicht gestört werden – oder es stellt sich erst gar nicht ein. Häufiger Grund dafür ist die Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln. Studien und Berichte von Frauen zeigen immer wieder, dass die Anti-Baby-Pille sexuelle Unlust als Nebenwirkung zur Folge haben kann. Die enthaltenen Östrogene bringen die Leber dazu, sogenanntes Sexualhormon-bindendes Globulin zu produzieren. Es handelt sich dabei um ein Protein, das im weiblichen Körper Testosteron bindet. Infolgedessen sinkt der Testosteronspeigel – und mit ihm die Libido.
Zudem bewirken die in der Pille enthaltenen Gestagene, dass der Körper in einen Zustand gebracht wird, der einer Schwangerschaft ähnelt. Die Pille verhindert das Heranreifen einer Eizelle im Eierstock und den Eisprung – der natürliche Zyklus wird unterbunden und damit zugleich die Lustentwicklung im Verlauf des Zyklus.
Sexuelle Unlust tritt bei Frauen, die die Kupferspirale einnehmen, nicht als Nebenwirkung auf, da diese Verhütungsmethode ohne Hormone wirkt.
Sexuelle Unlust bei Frauen ab 50: Wechseljahre verändern die Libido
Mit steigendem Alter produzieren die Eierstöcke immer weniger Östrogen (und Testosteron), bis sie ihre Funktion ganz einstellen. Der starke Östrogenabfall markiert den Beginn der Wechseljahre, die durch spürbare körperliche Veränderungen und Beschwerden gekennzeichnet sind. Eine davon ist sexuelle Unlust, der durch den niedrigen Hormongehalt im Blut bedingt ist.
Der abfallende Östrogenspiegel wirkt sich jedoch auch auf anderem Wege negativ auf die sexuelle Lust aus: Er hat zur Folge, dass die Vaginalhaut dünner und trockener wird, was Schmerzen beim Sex auslösen und die Lust nachhaltig dämpfen kann. Auch nimmt die Durchblutung in der Scheide ab, sodass die Sensibilität und die Erregbarkeit zurückgehen. Bereits zehn Jahre vor Einsetzen der Menopause kann das Östrogen im Blut langsam sinken, sodass hormonell bedingte sexuelle Unlust bei Frauen schon ab 40 oder 45 Jahren auftreten kann.
Sexuelle Unlust bei Frauen über 60: Eine normale Alterserscheinung?
Nach der Menopause bleiben das Östrogen und das Testosteron auf einem konstant niedrigen Niveau. Das macht sexuelle Unlust zu einer häufigen Begleiterscheinung bei Frauen über 60 Jahren. Eine Studie ergab, dass 40 Prozent der Frauen zwischen 30 und 45 Jahren dauerhaft unter sexuelle Unlust leiden – in der Gruppe der über 60-Jährigen berichten sogar 86 Prozent der Befragten davon.
Die durch den Östrogenmangel bedingte vaginale Trockenheit verursacht zudem wiederkehrende Pilzinfektionen, Entzündungen, Brennen und Schmerzen. Zusätzlich stehen oftmals körperliche Gebrechen einer erfüllten Sexualität im Alter entgegen. Auch dafür kann der Hormonmangel verantwortlich sein – denn Östrogenmangel begünstigt unter anderem Gelenkschmerzen und Osteoporose.
Sexuelle Unlust bei Frauen mit Medikamenten behandeln: Geht das?
Hierzulande sind keine Medikamente erhältlich, die – als Pendant zur „blauen Pille“ für den Mann – speziell gegen sexuelle Unlust bei Frauen wirken. In den USA hingegen ist seit 2015 die sogenannte „Pink Viagra“ auf dem Markt. Das Medikament basiert auf Flibanserin, einem Wirkstoff, der ursprünglich als Antidepressivum entwickelt wurde.
Anders als Viagra für Männer wirkt das Medikament nicht auf körperlicher, sondern auf psychischer Ebene. Es aktiviert Botenstoffe im Gehirn, die die Lust steigern sollen. Doch das Mittel konnte in Studien nicht überzeugen: Ein geringer Effekt, dafür jedoch viele Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Übelkeit.
Ein Wundermittel gegen Lustlosigkeit gibt es zwar nicht, dafür aber verschiedene Mitteln und Maßnahmen, die sich positiv auf die Libido auswirken.
Mittel gegen sexuelle Unlust bei der Frau: Was steigert die Lust?
Dauerhafte sexuelle Unlust unklaren Ursprungs sollten ärztlich abgeklärt werden, um mögliche psychische oder physische Erkrankungen auszuschließen. Als erste Anlaufstelle bietet sich die Frauenärztin oder der Frauenarzt an – besonders, wenn die Wechseljahre als Ursache infrage kommen. Im Gespräch können mögliche Behandlungsmethoden aufgezeigt werden. Daneben kann durch eine Blutuntersuchung der Hormonstatus untersucht werden.
Ein Östrogenmangel in der Menopause wurde lange Zeit durch eine Hormonersatztherapie behandelt. Da sie jedoch das Risiko für Brustkrebs und Herz-Kreislauferkrankungen ansteigen lässt, wird nun häufiger zu Präparaten mit pflanzlichen Östrogenen, wie etwa aus Soja, Traubensilberkerze oder Rotklee, geraten. Sie regulieren den Hormonhaushalt auf natürliche Weise, ohne gesundheitliche Nebenwirkungen zu verursachen. Natürliche Östrogene können auch als Creme oder Salbe gegen Scheidentrockenheit angewendet werden.
Zudem können bei starker und anhaltender sexueller Lustlosigkeit bei Frauen in den Wechseljahren niedrig dosierte Testosterongaben helfen, wie Studien zeigen. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie hat sich bereits 2015 für die Testosteron-Therapie in der Menopause ausgesprochen.
Geht die sexuelle Unlust bei Frauen auf hormonelle Verhütungsmethoden zurück, kann ein Wechsel zu einer hormonfreien Methode die Libido langfristig wieder zurückbringen.
Darüber hinaus sind mitunter folgende Maßnahmen bei sexueller Unlust sinnvoll:
Entspannung: Gezielte Entspannungsmethoden wie Yoga, Meditation oder progressive Muskelentspannung können dabei helfen, Stress abzubauen.
Körpergefühl stärken: Sich im eigenen Körper wohlzufühlen, ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um Freude an Sex zu haben. Sport kann nicht nur dazu verhelfen, seiner Traumfigur ein ganzes Stück näher zu kommen, sondern auch das Gefühl für den eigenen Körper zu stärken und das Wohlbefinden zu steigern.
Selbstbefriedigung: Regelmäßige Masturbation kann die Sensibilität für körperliche Berührungen und die Erregbarkeit erhöhen.
Erwartungshaltung ablegen: Vorstellungen darüber, wie viel Sex in der Woche oder im Monat „normal“ sind, können Druck auslösen und so die Lustlosigkeit nur noch mehr verstärken. Darum sollte man sich von jeglichen bewertenden Gedanken freimachen.
Verabredungen zum Sex: Auch wenn es unromantisch klingt, können Verabredungen zum Sex hilfreich sein, um die Intimität in der Beziehung auch in stressigen Phasen nicht aus den Augen zu verlieren und den Druck rauszunehmen.
Das Gespräch suchen: Ein offenes Gespräch mit dem Partner kann dabei helfen, der Ursache für die Lustlosigkeit auf den Grund zu gehen: Gibt es unausgesprochene Konflikte, die für eine emotionale Distanz sorgen? Was stört mich an unserer Kommunikation? Was wünsche ich mir von meinem Partner?
Psychologische Beratung: Mit einer Paar- oder Sexberatung können tieferliegende Probleme, die die Lustlosigkeit in der Partnerschaft verursachen, aufgedeckt und gelöst werden.
Hausmittel gegen sexuelle Unlust bei der Frau
Auch einige Hausmittel können dabei helfen, Lustlosigkeit entgegenzuwirken. So gibt es aphrodisierende Lebensmittel, denen nachgesagt wird, dass sie die Libido steigern sollen, indem sie etwa die Durchblutung in den Schleimhäuten fördern oder Wirkstoffe enthalten, die im Gehirn stimulierend wirken. Unter anderem gelten Chili, Muskat, Petersilie, Knoblauch, Austern, Kürbiskerne und Ingwer als natürliche Aphrodisiaka.
Ätherische Öle wie Patchouli und Ylang-Ylang sollen ebenfalls eine anregende Wirkung haben. Sie sind nicht nur als Badezusatz, sondern auch für Massagen geeignet.
Bei sexueller Lustlosigkeit, die durch einen Östrogenmangel bedingt ist, kann es einen Unterschied machen, wenn die Ernährung auf Lebensmittel mit pflanzlichen Östrogenen umgestellt wird. Zu den östrogenreichen Nahrungsmitteln zählen Soja, Leinsamen, rote Beeren, Kohlgemüse, Zwiebeln und Knoblauch.
Pflanzliche Mittel gegen sexuelle Unlust bei der Frau wie beim Mann gibt es auch in der Apotheke: Maca soll aphrodisierende Eigenschaften haben, Liebesstöckel wirkt entspannend und Ginseng kann die Menge an Sexualhormonen erhöhen.
Quellen:
Wie häufig haben Sie durchschnittlich Sex?, in: statista.com
Sexualstörungen, in: frauenaerzte-im-netz.de
Hormon gibt Frauen Lust auf Sex zurück, in: aerztezeitung.de
Testosteron für Frauen empfehlenswert, in; pharmazeutische-zeitung.de
Libidoverlust bei Frauen – Was tun wenn die Lust verloren geht?, in: frauenaerztinnen-oberkassel.de