Vitamin D gegen Corona: Darum hilft es doch nicht!
Seit Beginn der Pandemie wurde eine Vielzahl von Studien veröffentlicht, die sich mit der Wirkung von Vitamin D und dem Schutz vor Corona beschäftigen. Eine neue Studie widerlegt nun jedoch die bisherigen Ergebnisse - und zeigt zugleich ein ziemlich ernüchterndes Ergebnis!
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Bei der Erforschung von Präventions- und Behandlungsmethoden gegen COVID-19 nehmen Forschende immer wieder Vitamine in den Blick. Wissenschaftlich unumstritten ist, dass Vitamine unerlässlich für ein intaktes Immunsystem sind. Und bisher ging man ebenfalls davon aus, dass Vitamin D auch eine positive Wirkung bei einer Corona-Erkrankung hat. Diese These wurde nun jedoch widerlegt.
Keinen vorbeugenden Effekt von Vitamin D gegen Corona
So berichtet die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) über eine Studie rund um das Forscher-Team von David A. Jolliffe der Queen Mary University of London. Bei dieser sogenannten CORONAVIT-Studie wurde die Auswirkung von Vitamin D auf das Corona-Risiko analysiert. Es zeigte sich: "Bei Erwachsenen mit einer hohen Ausgangsprävalenz von Vitamin-D-Insuffizienz führte die Einführung eines Test- und Behandlungskonzepts für die Vitamin-D-Substitution nicht zu einer Verringerung des Gesamtrisikos COVID-19.“ Bei der Studie handelt es sich um die erste große randomisierte Studie zum Thema Vitamin D und Corona.
Bei einer randomisierten Studie werden die Proband:innen nach dem Zufallsprinzip zugeordnet.
Im Rahmen der Studie wurden 1.550 Proband:innen Vitamin D hoch dosiert (3200 IE/Tag) verabreicht. Die andere Hälfte der insgesamt 6.200 Proband:innen bekamen kein Vitamin D. Nach sechs Monaten zeigte sich, dass die Einnahme von Vitamin D keinen vorbeugenden Effekt hatte auf das Risiko, an COVID-19 zu erkranken.
Schwerer Corona-Verlauf durch Vitamin-D-Mangel?
Bisher ging man von einer gegenteiligen These aus – nämlich, dass sich Vitamin D positiv auf den Verlauf einer Corona-Erkrankung auswirkt. Warum?
Für eine normale Funktion der Immunabwehr spielt besonders Vitamin D eine Rolle. In mehreren Studien wurden Hinweise darauf gefunden, dass Vitamin D Atemwegsinfektionen vorbeugen könnte. Zusätzlich dazu konnten Wissenschaftler:innen der Universität Kopenhagen bereits vor zehn Jahren zeigen, dass bei einem Vitamin-D-Mangel die Abwehrzellen inaktiv bleiben, wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen.
Aber wie ist der Einfluss von Vitamin D auf den Corona-Verlauf? Die israelische Studie der Bar Ilan Universität in Tel Aviv und des Galilee Medical Center in Nahariya kam entgegen der neuen Forschungserkenntnisse zu dem Ergebnis, dass das Risiko für eine schwere COVID-Erkrankung bei Menschen mit einem Vitamin-D-Mangel 14-mal wahrscheinlicher sei. Dem Ergebnis liegt eine Untersuchung von insgesamt 1.176 Corona-Patient:innen zugrunde, die zwischen April 2020 und Februar 2021 im Krankenhaus behandelt wurden. Neben der Schwere des Verlaufs schauten sich die Forschenden auch den Vitamin-D-Status der Patient:innen an.
Auffällig jedoch ist hier: Lediglich fast 1.200 Proband:innen wurden hier untersucht.
Eine frühere Fallstudie aus Indonesien kam ebenfalls zu einem ähnlichen Ergebnis: Die Studie umfasste 380 Corona-Patient:innen aus Spanien, Italien und der Schweiz – Länder, in denen die Vitamin-D-Versorgung als mangelhaft gilt. 99 Prozent der Patient:innen, die einen Vitamin-D-Mangel aufwiesen, starben an COVID-19. Von denen, die keinen Mangel hatten, waren es nur rund vier Prozent.
Vitamin D und Corona-Risiko: Übergewicht als Erklärung?
Diese Ergebnisse weichen von dem Ergebnis aus der aktuellen randomisierten CORONAVIT-Studie ab. Aber warum?
Dass Vitamin D möglicherweise einen Einfluss auf den Corona-Krankheitsverlauf hat, könnte sich möglicherweise über eine andere Variable erklären: Übergewicht fördert einen Vitamin-Mangel und gilt zugleich als Risikofaktor für einen schweren Corona-Verlauf. Eine Forscherin der Universität Bristol, Deborah Shoemark, erklärt hierzu: „Vitamin D ist fettlöslich und neigt dazu, sich im Fettgewebe anzureichern. Das kann die Menge an verfügbarem Vitamin D bei Übergewichtigen vermindern."
Eine Studie der britischen Universität Bristol weist darauf hin, dass neben Vitamin D auch die Vitamine A und K vor einer Corona-Infektion schützen könnten. Während Vitamin A unter anderem die Schleimhäute in den Atemwegen stärkt, ist Vitamin K an der Blutgerinnung und an der sogenannten Fibrinolyse (Fähigkeit des Körpers, Blutgerinnsel aufzulösen) beteiligt.
Ein Vitamin-K-Mangel kann somit die Entstehung von Thrombosen begünstigen, die eine häufige Komplikation und Todesursache bei COVID-19 sind, wie auch aus einer erst kürzlich veröffentlichten niederländischen Studie hervorgeht.
DGE: Kein offizieller Zusammenhang zwischen Vitamin D und Corona-Verlauf
Ob Vitamine, allen voran Vitamin D, tatsächlich den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung positiv beeinflussen, ist noch nicht bewiesen. Ein eindeutiger Kausalzusammenhang lasse sich aus der aktuellen Studienlage nicht ziehen, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) erklärt. Und die neuste Datenlage bestätigt diese Aussage. Daher könne keine Empfehlung für eine Nahrungsmittelergänzung mit Vitamin-D-Präparaten ausgesprochen werden.
Besonders bei einem normalen Vitamin-D-Gehalt im Blut sei ein Zusatznutzen unklar. Eine Überdosierung (ab 100 Mikrogramm pro Tag) könne zudem gesundheitsschädlich sein und unter anderem zu Nieren- und Herz-Kreislauf-Problemen führen.
Die Studien-Lage ist also bezüglich Vitamin D und Corona nicht eindeutig – auch wenn neueste Studien belegen, dass es eigentlich keinen Zusammenhang gibt. So lange Vitamin D jedoch nicht überdosiert wird, schadet es zumindest auch nicht.
Quellen:
Jolliffe, D., Holt, H., Greenig, M., Talaei, M., Perdek, N., Pfeffer, P., ... & Martineau, A. (2022). Vitamin D Supplements for Prevention of Covid-19 or other Acute Respiratory Infections: a Phase 3 Randomized Controlled Trial (CORONAVIT). medRxiv.
Amiel, Dror A. [u.a]: Pre-infection 25-hydroxyvitamin D3 levels and association with severity of COVID-19 illness (2022), in: journals.plos.org
Shoemark, Deborah Karen [u.a] (2021): Molecular Simulations suggest Vitamins, Retinoids and Steroids as Ligands of the Free Fatty Acid Pocket of the SARS‐CoV‐2 Spike Protein, in: Wiley Online Library
Dofferhoff, Anton S. M [u.a] (2020): Reduced Vitamin K Status as A Potentially Modifiable Prognostic Risk Factor in COVID-19, in: Preprints
Vitamin-K-Mangel als potenziell modifizierbarer Risikofaktor bei COVID-19, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie.
Vitamin D und COVID-19, in: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.
Nutzen von Vitamin D bei Prävention weiter umstritten, in: Ärzteblatt
Vitamin D, das Immunsystem und COVID-19, in: Bundesinstitut für Risikobewertung