Reizdarm-Medikamente: Anwendungsgebiete und Wirkung

Reizdarm-Medikamente, die Bauchschmerzen, Verstopfung und Durchfall lindern sollen, gibt es viele. Doch helfen sie auch? Und welche Medikamente gegen Reizdarm gibt es in der Apotheke?

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Menschen mit Reizdarm wünschen sich nichts sehnlicher, als ihre Beschwerden mit Reizdarm-Medikamenten zum Verschwinden zu bringen. Die schlechte Nachricht ist: Ein medikamentöses Allheilmittel gibt es leider nicht. Dafür aber eine Reihe von Medikamenten gegen Reizdarm, die die Symptome lindern sollen. Welche Wirkstoffe dazu zählen und warum es wichtig ist, die Einnahme vorher ärztlich abzusprechen.

Frau nimmt ein Reizdarm-Medikament ein
Reizdarm-Medikamente können im Akutfall die Symptome schnell lindern Foto: iStock/Tassii

Medikamente gegen Reizdarm wirken symptomlindernd

Arzneimittel werden bei Reizdarm eingesetzt, um die Symptome wie Bauchschmerzen, Bauchkrämpfe, Durchfall oder Verstopfungen zu lindern. Die Wahl des Arzneimittels richtet sich somit danach, welches Symptom vorherrschend ist.

In klinischen Studien zeigte sich, dass wohl auch Scheinmedikamente, sogenannte Placebos, bei 40 bis 70 Prozent der Betroffenen die Reizdarm-Beschwerden positiv beeinflussen.

Sollte ich Reizdarm-Medikamente einnehmen?

Reizdarm-Patient:innen sollten die Einnahme von Medikamenten immer mit ihrem behandelnden Arzt bzw. ihrer Ärztin besprechen – das ist das Wichtigste.

Ob sich mit Medikamenten die Symptome tatsächlich lindern lassen, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. In Studien profitierten einige Patient:innen von der medikamentösen Behandlung, bei anderen zeigte sich keine Wirkung. Entsprechend langwierig kann die Suche nach einem geeigneten Mittel sein.

Darüber hinaus sind viele Reizdarm-Medikamente in der Regel nicht für eine dauerhafte Einnahme ausgelegt, sondern vor allem dafür da, im Akutfall Linderung zu verschaffen.

Reizdarm-Medikamente rezeptfrei und rezeptpflichtig – der Überblick

Reizdarm-Medikamente lassen sich in vier Kategorien einteilen:

  • krampflösende Medikamente (Spasmolytika)

  • Abführmittel (Laxantien)

  • Durchfallmedikamente (Antidiarrhoika)

  • Medikamente gegen Blähungen

Hier ein Überblick über mögliche Medikamente und ihre Anwendungsgebiete – die genannten Mittel sind nur beispielhaft, weil es unzählige Arzneimittel gegen Reizdarm-Beschwerden gibt:

Reizdarm-Medikamente bei Krämpfen und Schmerzen

In der Apotheke gibt es eine Vielzahl von Medikamenten, die bei Magen- und Darmkrämpfen helfen sollen. Rezeptfrei erhältlich sind zum Beispiel Präparate mit Pfefferminzöl bei Reizdarm, was in Studien eine gute Wirksamkeit zeigte. Für Kinder und Schwangere ist das pflanzliche Öl allerdings nicht geeignet. Weitere krampflösende Mittel pflanzlicher Natur sind zum Beispiel Kombi-Präparate mit Myrrhe, Kamille und Kaffeekohle. Auch Kümmelöl soll wohltuend sein.

Vorsicht vor Schöllkraut

Einige pflanzliche Kombi-Präparate enthalten Schöllkraut – eine beliebte Heilpflanze bei Magen-Darm-Beschwerden. Besprechen Sie die Einnahme aber unbedingt mit Ihrem Arzt bzw. Ihrer Ärztin, weil Schöllraut leberschädigend sein kann.

Medikamente mit Butylscopolamin sind ebenfalls nicht verschreibungspflichtig. Der Wirkstoff sorgt für eine Entspannung der Dickdarmmuskulatur und wirkt somit Krämpfen entgegen – in Studien zeigte sich, dass einige Patient:innen davon profitieren könnten. Für Kinder unter sechs Jahren ist Butylscopolamin nicht geeignet. Auch in der Schwangerschaft und Stillzeit sollte auf die Einnahme verzichtet werden.

Rezeptpflichtige Medikamente, sogenannte Muskelrelaxanzien, mit dem Wirkstoff Mebeverin sollen ebenfalls einen krampflösenden Effekt haben. Allerdings gibt es dazu bisher keine Studien, die diese Wirkung belegen konnten, weshalb das Arzneimittel bei einem Reizdarmsyndrom eher nicht geeignet ist. Wer es trotzdem verschrieben bekommen hat: Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, Schwangere und Stillende sollten das Medikament nicht einnehmen.

Daneben können auch trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin zum Einsatz kommen, weil einige von ihnen die Schmerzempfindlichkeit und Darmbewegungen beeinflussen. Die Dosis ist dabei meist geringer als bei der Indikation Depression.

Tipp: Neben Medikamenten gibt es eine Reihe von natürlichen Hausmitteln gegen Magenkrämpfe – einen Versuch ist es wert, die Krämpfe zunächst mit diesen natürlichen Maßnahmen zu lindern.

Nebenwirkungen von krampflösenden Reizdarm-Medikamenten

Ob rezeptfrei oder nicht – Medikamente gegen Krämpfe können unerwünschte Nebenwirkungen mit sich bringen. Zu den möglichen Nebenwirkungen bei Butylscopolamin zählen unter anderem Verstopfung, Mundtrockenheit und verschwommene Sicht. Bei Mebeverin kann es zu Atemproblemen, Gesichtsschwellungen und Hautausschlag kommen, was auf eine allergische Reaktion hindeutet.

Bemerken Sie Nebenwirkungen, beenden Sie am besten die Einnahme und suchen Sie eine:n Ärzt:in oder Apotheker:in auf.

Reizdarm-Medikamente aus der Apotheke gegen Verstopfung

Harter Stuhlgang und infolgedessen starkes Pressen gehören zum Alltag vieler Reizdarm-Patient:innen. Umso wohltuender ist es, wenn der Stuhl endlich wieder ohne Probleme ausgeschieden werden kann. Wenn Hausmittel gegen Verstopfung nicht mehr helfen, greifen viele Betroffene auf Medikamente zurück.

Abführmittel enthalten zum Beispiel diese Wirkstoffe:

  • Macrogol (rezeptfrei), gilt als starkes Abführmittel

  • Lactulose (rezeptfrei), ein synthetischer Zweifachzucker, den der Körper nicht aufnimmt – daher kommt es selten zu Nebenwirkungen (für Kinder unter zwei Jahren Einnahme nur nach ärztlicher Rücksprache)

  • Bisacodyl (rezeptfrei), macht den Stuhl weicher (nicht geeignet für Kinder unter 2 Jahren, für ältere Kinder und Schwangere nur nach ärztlicher Rücksprache)

  • Prucaloprid (rezeptpflichtig), Anwendung bei chronischer Verstopfung (nicht geeignet für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, Schwangere und Stillende)

  • Linaclotid (rezeptpflichtig) verringert nicht nur Bauchschmerzen, sondern macht den Stuhlgang geschmeidiger (nicht geeignet für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, Schwangere und Stillende)

Abführmittel sollten maximal ein bis zwei Wochen und nur nach ärztlicher Rücksprache angewendet werden – ansonsten besteht die Gefahr, dass der Darm sich daran gewöhnt. Zudem verliert der Körper oftmals viel Flüssigkeit und Elektrolyte, wenn Abführmittel eingenommen werden.

Weitere Mittel, um den harten Stuhl zu lösen, sind Glaubersalz (max. 4x im Jahr!) und Bittersalz. Glaubersalz findet häufig vor Darmspiegelungen Anwendung. Beide zählen zu den osmotischen Abführmitteln (genauso wie Macrogol), das heißt, dass sie die Wassermenge im Darm und somit das Stuhlvolumen erhöhen, wodurch die Darmtätigkeit angeregt wird.

Zu den pflanzlichen Abführmitteln zählen solche, die Cascararinde sowie Sennesfrüchte und -blätter enthalten. Sie sollten ebenfalls nur maximal zwei Wochen eingenommen werden.

Tipp: Statt mit Medikamenten können Sie Ihre Verdauung auch mit natürlichen Abführmitteln in Schwung bringen. Leinsamen und Flohsamenschalen bei Reizdarm können auf natürliche Weise Verstopfungen lösen – und dürfen, anders als Medikamente, länger als zwei Wochen eingenommen werden. Wichtig bei Flohsamen und Leinsamen ist, immer viel zu trinken. Ansonsten kann es passieren, dass die Verstopfung schlimmer wird.

Nebenwirkungen von Reizdarm-Medikamenten gegen Verstopfung

Medikamente gegen Verstopfung können den gegenteiligen Effekt auslösen und zu Durchfall führen – vor allem wenn es sich um starke Abführmittel handelt. Somit kann es passieren, dass Reizdarm-Betroffene von einem Symptom zum nächsten Symptom wechseln. Wenn das bei Ihnen der Fall ist, sollten Sie dringend mit Ihrem Arzt bzw. Ihrer Ärztin nach Alternativen suchen.

Abführmittel können generell mit unerwünschten Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel, Blut im Stuhl sowie Kopf- und Bauchschmerzen einhergehen. Bei Glauber- und Bittersalz kann es zu Krämpfen und Herzrhythmusstörungen kommen, wenn zu viel Flüssigkeit und Elektrolyte ausgeschieden werden und es so zu einem Kaliummangel kommt.

Reizdarmsyndrom-Medikament: Mittel gegen Durchfall

Wer mindestens dreimal am Tag auf Toilette muss und weichen bis flüssigen Stuhl ausscheidet, leidet unter Reizdarm mit Durchfall – einige Betroffenen haben damit oft zu kämpfen. Besonders unangenehm ist es, wenn man plötzlich im Urlaub oder im Büro Durchfall bekommt. Daher suchen Betroffene nach effektiven Durchfallmedikamenten, um im Akutfall sofort gegensteuern zu können.

Bei Durchfall ist es am wichtigsten, den Elektrolythaushalt möglichst schnell wieder aufzufüllen. Das gelingt mit Fertigpräparaten aus der Apotheke oder Sie fertigen das Mittel selbst her. Eine Elektrolytlösung selber zu machen gelingt mit Zutaten, die jede:r zu Hause hat. Daneben können Flohsamen, Heilerde und weitere Hausmittel gegen Durchfall helfen, den Stuhl fester zu machen.

Den Durchfall stoppen kann zum Beispiel Loperamid. Der Wirkstoff führt dazu, dass der Stuhl länger im Darm bleibt und unterbindet so Durchfall wie Wasser. Bei Magen-Darm-Infekten darf das Mittel nicht eingenommen werden, weil die Erreger sonst länger im Darm verweilen. Kleine Packungen für eine 2-Tage-Anwendung sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Größere Mengen sind verschreibungspflichtig. Für Kinder unter zwölf Jahren, Schwangere und Stillende ist das Medikament nicht geeignet. Auch wer Fieber hat oder Blut im Stuhl entdeckt, darf Loperamid nicht einnehmen.

Wichtig: Loperamid sollte nicht länger als zwei Tage eingenommen werden. Pro Tag ist eine Dosis bis zu zwölf Milligramm des Wirkstoffs angezeigt – mehr sollte es nicht sein.

Nebenwirkungen von Reizdarm-Medikamenten gegen Durchfall

Genauso wie Abführmittel Durchfall auslösen können, besteht bei Durchfall-Medikamenten die Gefahr, dass sie zu Verstopfungen führen.

Weitere Nebenwirkungen, die Reizdarm-Betroffene meist sowieso schon aufgrund ihrer Erkrankung haben, sind Blähungen und Bauchschmerzen. Häufiger kommt es auch zu Übelkeit und Kopfschmerzen. Müdigkeit, Mundtrockenheit und Hautausschläge sind weitere Beschwerden, die durch die Einnahme auftreten können.

Reizdarm-Medikamente: Pflanzliche und andere Mittel gegen Blähungen

Reizdarm-Patient:innen leiden häufig unter einem Blähbauch. Der aufgeblähte Bauch wie schwanger kann geringer werden, wenn die Blähungen über den Darm entweichen können. Tun sie das nicht, kann es zu Bauchschmerzen durch Blähungen kommen – vor allem dann suchen Betroffene nach Möglichkeiten, die Beschwerden rasch zu lindern.

Flohsamenschalen gegen Blähungen sind wirkungsvoll. Auch eine Unterbauch-Massage und andere Hausmittel gegen Blähungen helfen vielen Menschen. Wenn natürliche Mittel nicht ausreichen, können verschiedene Medikamente bewirken, dass das Gas besser entweichen kann – oder sich gar nicht erst bildet. Arzneimittel mit den Wirkstoffen Simeticon und Dimeticon (beide rezeptfrei) sorgen dafür, dass die Blähungen geringer werden.

Bei Blähungen kommt es zu einer Gasansammlung im Magen-Darm-Trakt, woraufhin sich eine Art Schaum mit Bläschen im Darm bildet. In diesen Bläschen ist das Gas eingeschlossen – die Folge: es kann nicht als Winde entweichen, über die Lunge ausgeatmet werden oder über die Darmschleimhaut ins Blut gelangen. Die Medikamente wirken als „Entschäumer“ und verringern die Oberflächenspannung der Bläschen, sodass die Gasbläschen größer werden und besser abgegeben werden können.

Bei Blähungen (und Durchfall) kann auch ein Antibiotikum eingesetzt werden, zum Beispiel Rifaximin. Rifaximin ist für Reisedurchfall zugelassen, kann aber nach sorgfältiger Abwägung bei Reizdarm verschrieben werden. Dann handelt es sich um einen "Off-Label-Use", d.h. das Medikament ist für diesen Zweck zwar nicht offiziell zugelassen, zeigte aber in Studien eine Wirksamkeit bei Reizdarm-Beschwerden. Wichtig ist, dass Patient:innen vor der Einnahme gut aufgeklärt werden, weil Antibotika wie Rifaximin mit Nebenwirkungen einhergehen können. Zudem ist es möglich, dass ein solches Medikament Reizdarm-Symptome auslöst oder verschlimmert.

Pflanzliche Alternativen gegen Durchfall gibt es viele. In der Apotheke finden sich Mono- oder Kombipräparate, zum Beispiel mit Pfefferminze, Anis, Kümmel und Fenchel – auch als Tee sind die Heilpflanzen wohltuend bei Verdauungsstörungen. Ebenso soll Myrrhe bei der Behandlung von Durchfall gut wirksam sein.

Neben den genannten Reizdarm-Medikamenten könnten auch Prä- und Probiotika symptomlindernd wirken – hier fehlt es allerdings noch an wissenschaftlichen Beweisen zur Wirksamkeit.

Quellen:

Was hilft bei Reizdarm – und was nicht?, in: gesundheitsinformation.de

Layer, P., Andresen, V., Allescher, H., Bischoff, S. C., Claßen, M., Elsenbruch, S., ... & Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. (2021). Update S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie. Gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs-und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM)–Juni 2021–AWMF-Registriernummer: 021/016. Zeitschrift für Gastroenterologie, 59(12), 1323-1415.

Reizdarm, in: Stiftung Warentest

Arneimittel, in: Deutsche Reizdarm Selbsthilfe e.V.