Mythos Glutenintoleranz - gibt es sie wirklich?

In einer Studie mit Patienten mit einer vermeintlichen Glutensensitivität reagierten die Betroffenen stärker auf ein Placebo als auf Gluten - gibt es das Problem gar nicht wirklich?
Die glutenfreie Ernährung ist zum Trend geworden: Immer mehr Menschen meiden Gluten, weil sie glauben, an einer sogenannten zöliakieunabhängigen Glutensensitivität (NCGS) zu leiden. Betroffene reagieren auf den Verzehr des Getreidebestandteils Gluten mit Verdauungsbeschwerden wie Blähungen oder Durchfall - obwohl bei ihnen keine sogenannte Zöliakie, also Glutenunverträglichkeit, vorliegt.
Norwegische Wissenschaftler wollten in ihrer aktuellen Studie herausfinden, ob Menschen mit einer vermeintlichen NCGS anhand ihrer Symptome unterscheiden können, ob es sich bei einem Lebensmittel um ein glutenhaltiges oder ein glutenfreies Produkt handelt.
Probanden reagierten stärker auf Placebo als auf Gluten
An dem Experiment nahmen 20 Probanden teil, die alle angaben, an einer NCGS zu leiden. Bei allen wurden vorher Erkrankungen wie eine Zöliakie oder entzündliche Darmerkrankungen ausgeschlossen und sie ernährten sich seit mindestens sechs Wochen glutenfrei.
Die Studienteilnehmer bekamen an vier Tagen (mit je drei Tagen Pause dazwischen) zwei Muffins zu essen. Beide Muffins enthielten entweder je 5,5 Gramm Gluten oder gar kein Gluten - das heißt, an zwei Tagen aßen die Probanden tatsächlich glutenhaltige Muffins und an den anderen beiden Tagen "Placebos".
In Fragebögen sollten die Probanden nach jeder Testphase ihre Symptome beschreiben. Bei der Auswertung fiel auf: Diese Symptome fielen deutlich stärker aus, nachdem die Probanden die glutenfreien Muffins gegessen hatten.
Glutensensitivität ist in den meisten Fällen keine
Bei immerhin vier Probanden diagnostizierten die Forscher eine NCGS, weil diese die Testphasen, in denen sie glutenhaltige Muffins bekommen hatten, korrekt identifizieren konnten.
Ob bei ihnen tatsächlich das Gluten die Beschwerden auslöste, kann die Studie nicht beweisen - frühere Untersuchungen deuten darauf hin, dass es meist andere Bestandteile von Getreide sind, die bei Betroffenen Verdauungsprobleme auslösen. So konnten Forscher in einer 2017 veröffentlichten Studie zeigen, dass hinter vielen vermeintlichen Glutensensitivitäten eine Unverträglichkeit sogenannter Fruktane steckt - die Stoffe kommen in Weizen, aber auch in vielen Gemüsesorten vor.
Bei den restlichen 16 Teilnehmern ist nach Ansicht der Forscher davon auszugehen, dass ein anderer Auslöser hinter ihren Beschwerden steckt.