Medikament Schlaf

Gesund schlafen – vor allem der tiefe Schlaf in der zweiten Nachthälfte ist für unseren Organismus so wichtig
Gesund schlafen – vor allem der tiefe Schlaf in der zweiten Nachthälfte ist für unseren Organismus so wichtig

Schlafen Sie weniger als sieben Stunden? Leiden Sie unter Schlafstörungen? Dann sollten Sie die Risiken und Nebenwirkungen von zu wenig Schlaf kennen. Schlafforscher Professor Ingo Fietze von der Charité in Berlin hat einen exklusiven „Beipackzettel“ erstellt.

Ein Medikament, das das Altern aufhält, gibt es das wirklich?

Ausreichend langer Schlaf verlangsamt Alterungsprozesse. Wenn man gut schläft, sieht man besser aus, das Immunsystem ist stark, die Muskeln und das Gehirn sind fit für den Tag, und unsere Knochen bleiben länger jung. Durch eine höhere Dosierung oder effektiveren Schlaf kann man das Altern zwar nicht stoppen – in der Gegenrichtung würden wir allerdings durch eine zu geringe Schlafdosierung unser Leben verkürzen.

Welche Dosis Schlaf ist für welchen Patienten die richtige?

Professor Fietze ist Schlafforscher an der Charité
Wenn man gut schläft, sieht man besser aus, so der Schlafforscher Prof. Ingo Fietze: „Ausreichend langer Schlaf verlangsamt Alterungsprozesse.“ Foto: privat

Ein Jugendlicher braucht mindestens acht Stunden Schlaf, zwischen 20 und 30 Jahren brauchen wir zwischen sieben und acht Stunden Schlaf. Für 30- bis 40-Jährige genügen dann schon sieben Stunden.

Was passiert, wenn ich zu wenig vom Medikament Schlaf „einnehme“?

Wenn wir nur vier, fünf Stunden schlafen, fehlt uns der Traumschlaf, die sogenannte REM-Phase, aus der zweiten Nachthälfte. Dessen Aufgabe ist es, die Speicher im Gehirn wieder zu leeren. Denn Menschen können nicht über 48 Stunden Informationen aufnehmen, so viel Speicherplatz haben wir nicht. Deshalb wird nachts umsortiert und die Speicher werden gelöscht, damit wir am nächsten Tag wieder voll aufnahmefähig sind. Und wenn ich dem Gehirn diese Möglichkeit nicht biete, weil ich eine Schlafstörung, in der Fachsprache Insomnie genannt, habe, ist der Kopf am nächsten Tag voll und kann nichts Neues abspeichern. Die körperliche Fitness leidet hingegen erst, wenn wir zwei, drei Wochen lang nicht genügend Schlaf bekommen.

Wofür kann ich das Medikament Schlaf noch einsetzen?

Bei beginnenden Erkältungskrankheiten zum Beispiel. Denn wir nutzen den Schlaf, um unsere Abwehrkräfte zu stärken, die wir brauchen, um Krankheitserreger zu bekämpfen. Im Schlaf vermehren sich die natürlichen Killerzellen und die Fresszellen. Insofern hat die Redensart „schlaf dich gesund“ durchaus ihre Berechtigung.

Zu den Wechselwirkungen: Wie verträgt sich Schlaf mit Alkohol?

Wie bei den meisten anderen Medikamenten auch, behindert Alkohol die Wirkweise. Ab und zu ein Glas Wein ist erlaubt, es hilft sogar manchmal beim Einschlafen – wobei Rotwein besser ist als Weißwein, da Weißwein eher anregend wirkt. Es gibt aber eine Grenze, ab der Alkohol den Schlaf behindert. Das beginnt schon bei zwei Gläsern Wein. Denn wenn Alkohol abgebaut wird, gibt es im Körper eine Art Weckreaktion, sodass ich schon nach ein paar Stunden wieder aufwache und somit unruhig schlafe.

Wie viel Lärm verträgt mein Schlaf?

Wir haben gesunde Schläfer untersucht und festgestellt: Am besten schlafen sie, wenn sie so gut wie gar nichts hören. Was uns überrascht hat, weil wir gedacht haben, dass man einen gewissen Pegel an Grundgeräuschkulisse braucht. Je ruhiger der Raum, desto besser der Schlaf. Also können wir ruhig zu Ohrenstöpseln greifen.

Wirkt Schlaf bei Dunkelheit am besten?

Wenn die Möglichkeit besteht, das Zimmer gut abzudunkeln, sollten Sie dies tun.

Optimiert ein geöffnetes Fenster unseren Gesundheitsschlaf?

Es ist für den Körper nicht gesünder als ein geschlossenes Fenster, denn das Blut kann nur eine gewisse Menge an Sauerstoff aufnehmen. Und die wird durch einen normal großen Raum schon abgedeckt.

Sind Schlafmittel gefährlich?

Nicht wenn die Medikamente unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden. Denn bei Menschen, die unter einer wirklichen Schlafstörung leiden, sind die Schlaf-Wach-Hormone aus dem Gleichgewicht geraten. Diese Patienten können nur mit pharmazeutischen Mitteln wieder in einen gesunden Schlaf zurückfinden.

Warum sind Müdigkeit und Schlafstörungen eigentlich so gefährlich?

Wer ständig müde ist, weil er regelmäßig weniger als sechs Stunden schläft, erhöht beispielsweise sein Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen um mehr als das Vierfache.