Lähmung: "Wetten, dass ..?"– Jetzt spricht der tapfere Samuel

Samuel Koch ist seit einem Unfall bei „Wetten, dass..“ gelähmt
Samuel Koch ist seit einem Unfall bei „Wetten, dass..“ gelähmt

Sein Unfall im TV schockte Millionen. In seinem Buch "Zwei Leben" beschreibt der 24-Jährige Samuel Koch, wie es, seit er gelähmt ist, wirklich um ihn steht.

Ganz Deutschland stockt der Atem, als der junge Student Samuel Koch am 4. Dezember 2010 zu seiner Wette in der ZDF-Fernsehshow "Wetten, dass ..?" antritt – und stürzt.

Seine Mutter, eine Krankenschwester, hat eine böse Ahnung: „Als Samuel auf den Boden prallte, hörte ich diesen dumpfen Knall. Da wusste ich es schon: Er hat sich das Genick gebrochen. Ich betete: „Bitte, bitte, mach, dass er am Leben bleibt. Mach, dass er nicht tot ist ..."

Samuel überlebt, aber er ist schwer verletzt. Er war ein Leistungsturner, eine Sportskanone. Jetzt ist aus ihm ein Pflegefall geworden.

In den ersten 40 Stunden nach dem Sturz hat er noch Gefühl im Körper. Er kann Arme und Beine bewegen, die Hände benutzen. Doch ein Splitter der Halswirbelsäule hat die Halsschlagader aufgeschlitzt. Das gerinnende Blut löst Thrombosen aus, Samuel erleidet zwei Gehirnschläge. Die Ärzte beschließen, ihm gerinnungshemmende Mittel zu verabreichen. Aber das verdünnte Blut sickert in die Wirbelkanäle und drückt das Rückenmark zusammen. Mit fatalen Folgen. „Die Einblutung begann buchstäblich, meinen Lebensnerv abzuschnüren."

Die Lähmung steigt seinen Körper hoch, bis zum Atemzentrum, er spürt Panik. „Ich rang nach Luft, hatte das Gefühl zu ersticken. Ich rief tonlos: Hilfe! Ist denn keiner da! Ich kriege keine Luft mehr!" Es geht um Leben und Tod. Er muss notoperiert werden. Um seinen verletzten Nacken ruhigzustellen, wird ein Fixateur in seinen Kopf geschraubt. "Ich spürte Bohrgeräusche in mir. Ich wollte schreien. Aber ich konnte nicht." Dann verliert er das Bewusstsein ...

Die schlimmsten Befürchtungen werden nach der OP wahr: Samuel ist gelähmt, er kann nur noch seinen Kopf bewegen. „Sechs Monate sollte ich nur auf dem Rücken liegend verbringen. Ich meinte zu spüren, wie sich der Staub im Raum auf mir ablegte – und ich konnte nichts dagegen tun. So lag ich da und ließ mich in meiner überreizten Fantasie vom Staub zudecken, begraben. „Vielleicht lässt ihn der Staub ja verschwinden, hofft er. Diesen Körper, diese tote Hülle.

„Natürlich gibt es kleine, mühsam errungene Mini-Erfolge. Schließlich musste ich vor einem Jahr noch beatmet werden. Doch wahr ist ebenso, dass ich immer wieder Rückschläge erlebe und dass ich vor allem so gut wie alle Dinge nicht tun kann. Ich kann nicht allein sitzen, mir die Zähne putzen, jemanden in den Arm nehmen. Was würde ich darum geben ..."

Manchmal fühlt er sich wie einbetoniert im eigenen Körper. Terrorisiert von Nackenschmerzen, die den Kopf zu sprengen scheinen. „Ohnmächtig vor dem Verlust meiner Bewegungsfähigkeit, die so wichtig für mich war. „Ich halte es nicht aus, möchte ich manchmal herausschreien.“ Es gibt Momente, in denen er sagt: „Schade, dass ich kein Pferd bin. Dann hätte man mir längst den Gnadenschuss verpasst." Aber auch: „Ich will nicht bitter werden."

Niemand weiß, ob er sich je wieder bewegen kann. „Es kann sein, dass sich in zwei Jahren etwas tut. Oder in 30 Jahren. Oder nie."

Samuel lebt jetzt wieder bei seinen Eltern und Geschwistern. „Meine Familie sind die Menschen, die mich tragen. Und ertragen. Ohne liebevolle Menschen um mich herum würde ich verhungern und verdursten – und ich könnte aus eigener Kraft nichts dagegen tun."

Aber er will sich mit seinem Schicksal nicht abgeben, plant, sein Schauspielstudium in Hannover wieder aufzunehmen. Denn: „Mein Körper ist gelähmt. Mein Geist ist es nicht!" Momentan engagiert er sich gerne als Schirmherr oder Botschafter für caritative Einrichtungen.

Doch sein größter Wunsch ist: loszulaufen. So weit es geht. An einem Baum anhalten, die raue Rinde spüren. Einfach so. Wenn nicht jetzt, dann irgendwann.

„Spätestens im Himmel werde ich all das wieder tun können. Da bin ich sicher."

Spätestens im Himmel kann ich wieder laufen ...