Infektionskrankheiten: Wie stecke ich mich an? Und wie verhindere ich es?

Händewaschen schützt vor allen Viren, die grippeartige Symptome verursachen, und ebenso vor Magen-Darm-Infektionen
Händewaschen schützt vor allen Viren, die grippeartige Symptome verursachen, und ebenso vor Magen-Darm-Infektionen

Sie lauern überall, dringen in den Körper ein, befallen unsere Zellen und lösen gemeine Infektionen aus. Nie waren Viren und Bakterien so gefährlich wie heute. Nie aggressiver. Forscher haben jetzt untersucht, wie wir uns anstecken – und was dabei in unserem Körper passiert.

Er ist kein Chirurg, aber er tut es ständig. Tom Jefferson, Europas renommiertester Grippe-Experte, wäscht sich die Hände – und das mindestens alle 30 Minuten. Denn: "Händewaschen schützt vor allen Viren, die grippeartige Symptome verursachen, und ebenso vor Magen-Darm-Infektionen", erklärt der 55-jährige Arzt und Epidemiologe. Für ihn die effektivste Schutzmaßnahme, die es gibt. Weltweit haben Forscher jetzt den genauen Ablauf einer Ansteckung entschlüsselt. Übertragen werden Viren und Bakterien über verunreinigte Nahrung, Körperkontakt mit Infizierten (Händeschütteln, Sex) und durch Berührung von kontaminierten Gegenständen. Oder über die Luft per Tröpfcheninfektion durch Husten oder Niesen. Aber auch übers Blut, bei OPs und durch Wunden können die Erreger in unseren Körper eindringen.

Doch was passiert dann? Forscher des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried konnten jetzt den Ablauf einer Bakterieninfektion entschlüsseln: Zuerst zerstören die Bakterien die Kraftwerke der Fresszellen, die Mitochondrien. Dadurch fällt der Energiehaushalt zusammen – die Zellen gehen zugrunde. Die erste Verteidigungslinie des Körpers bricht zusammen. Nach dem Zelltod der Fresszellen können sich die Bakterien ungestört ausbreiten. Der Infekt tobt. Viren verhalten sich dagegen wie Piraten, die ein Schiff (die Wirtszelle) entern. Sie transportieren ihr Erbmaterial ins Zellinnere. Dort werden neue Viren gebildet und freigesetzt – die Wirtszelle stirbt bei dem Prozess. Doch wie können wir uns vor all diesen Erregern schützen? Und wie genau stecken wir uns eigentlich an?

Toxoplasmose: Warum Schwangere keine Salami essen sollten

Übertragen wird Toxoplasmose von einzelligen Parasiten. Im Darm befällt das Protozoon einzelne Darmzellen, in denen es sich vermehrt. Nach der Zerstörung der Zellen kommt es zu einem lokalen Absterben des Gewebes, wodurch der Kontakt zu Blut- und Lymphgefäßen hergestellt wird. Über die Blutbahnen breitet sich der Erreger im gesamten Körper aus und kann auf diese Weise über den Mutterkuchen auch zum Kind gelangen. Es besteht die Gefahr einer Fehlgeburt oder von Missbildungen. Infektionsquelle Nr. 1: Fleisch vom Schwein oder Schaf – insbesondere roh oder rosa gebraten: Tatar, "englisch" gebratene Steaks – aber auch Rohwurst wie Mettwurst und Salami. Infektionsquelle Nr. 2: Katzen.

Tetanus: Warum ein Splitter tödlich sein kann

Clostridium tetani heißt der Übeltäter, ein Bakterium. Er lebt im Erdreich, Holz, Staub, Wasser und sogar auf der Haut. Gelingt es den stäbchenförmigen Bakterien, durch eine Wunde in den Körper einzudringen, vermehren sie sich, keimen und bilden dabei das Nervengift Tetanospasmi. Dieses Gift gelangt über die Nerven-, Lymph-oder Blutbahnen zum grauen Rückenmark, dann weiter zum Gehirn und ins Sympathische Nervensystem – und landet schließlich über Synapsen im Zentralen Nervensystem. Dort verursacht es Krämpfe und Lähmungserscheinungen. Schutz bietet nur die Tetanusimpfung, die alle zehn Jahre aufgefrischt werden muss.

HPV: Wie macht ein Virus Krebs?

Verursacht wird Gebärmutterhalskrebs in den meisten Fällen durch die sexuell übertragbaren Humanen Papillomviren (HPV). Durch kleinste Verletzungen der Haut oder Schleimhaut gelangen die Erreger in den Körper, infizieren dann die Zellen des Haut- und Schleimhautgewebes und vermehren sich in deren Zellkernen. Schutzmaßnahmen: Kondome können die Ansteckungsgefahr deutlich senken. In Deutschland gibt es eine Impfung gegen die Virentypen HPV 16 und HPV 18, die 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs auslösen. Sinnvoll ist die Impfung nur für junge Mädchen vor dem ersten Sex.

Karies: Warum ein Kuss einen Zahn kosten kann

Karies ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) die am weitesten verbreitete Infektionskrankheit. Auslöser sind Bakterien, die durch das Ablecken von Schnullern oder Löffeln auf Babys übertragen werden. Aber auch beim Küssen werden die kariesaktiven Bakterien weitergegeben. Diese bilden dann Säuren, die den Zahnschmelz angreifen. Wichtig: Zweimal täglich Zähne putzen. Und: Vorsicht im Umgang mit Babys! Die Bakterien stehen nämlich im Verdacht, den plötzlichen Kindstod zu verursachen.

Wie ein Duschkopf Lungenentzündungen auslöst

In Duschköpfen haben Forscher der Universität Colorado jetzt das Bakterium Mycobacterium avium entdeckt. Die Infektionsgefahr: Über die fein zerstäubten Wassertropfen können beim Einatmen leicht Keime in die Lungen gelangen. Dort siedeln sich die Bakterien auf der Schleimhaut des Lungengewebes an, breiten sich weiter aus und führen zu Entzündungen der Lungenbläschen und der dünnen Äste der Bronchien. Wissenschaftler empfehlen, das Wasser eine Minute lang laufen zu lassen und sich erst dann unter die Dusche zu stellen.

Herpes: Was passiert beim Händedruck?

Mit Vorliebe siedeln sich die Viren auf der zarten Lippenhaut an. Besonders groß ist die Ansteckungsgefahr, wenn Herpesbläschen platzen. Die austretende Flüssigkeit enthält hochaktive Viren, die an den Fingern haften und bei Berührung weitergegeben werden. Die meisten Menschen infizieren sich durch Hautkontakt mit einem Erkrankten, also durch Küssen, Schmusen und Schmierinfektionen. Eine Ansteckung ist aber auch über Handtücher möglich, mit denen sich ein Herpes-Infizierter abgetrocknet hat. Bei Raumtemperatur bleibt das Virus übrigens bis zu 48 Stunden aktiv. Es ist sogar in bei 40 Grad gewaschenen Handtüchern und Servietten nachweisbar. Und: Wer einmal infiziert ist, wird die Viren nicht mehr los – sie nisten sich in den Nervenzellen ein und greifen andauernd an, sofern sie nicht vom körpereigenen Abwehrsystem in Schach gehalten werden.

Tuberkolose: Wie ein Bakterium uns die Luft raubt

Beim Husten, Niesen, Sprechen scheiden schwer erkrankte Tuberkulose-Patienten die Bakterien in Form feiner Tröpfchen aus. Diese bleiben in der Luft einige Stunden lang ansteckend. Atmet man sie ein, werden sie in die Lunge transportiert und siedeln sich dort an. Als Antwort erzeugt der Körper Antikörper gegen die Bakterien, die diese einschließen – und in der Lunge bildet sich ein kleiner Herd. Gleichzeitig schwellen die Lymphknoten an, es entsteht der sogenannte Primärkomplex (keine Erkrankung). Etwa sechs Wochen nach der Infektion wird die Immunantwort im Tuberkulin-Test positiv. Gelingt es der Abwehr nicht, die Bakterien unschädlich zu machen, breitet sich die Infektion aus. Die Tbc-Bakterien können zum Beispiel über die Blutbahn auch in andere Organe transportiert werden und dort Entzündungen verursachen. In der Therapie versucht man die Bakterien mit Antibiotika (spezielle Antituberkulotika) abzutöten. Als Standard gilt eine Kombination von drei Medikamenten, die über mindestens zwei Monate gegeben werden. Bei Resistenzen, schwerem Krankheitsverlauf oder vorliegender Immunschwäche empfiehlt sich eine Behandlung mit vier Medikamenten.

Warum man einem Noro-Virus kaum entkommen kann

Im Winter sind Noro-Viren extrem aktiv. Bereits zehn bis 100 Partikelchen des Erregers reichen aus, um sich zu infizieren. Eine Ansteckung erfolgt durch Luftpartikel während des Erbrechens oder über Viren im ausgeschiedenen Stuhl, die sich auf den sanitären Anlagen ansiedeln – dort können sie bis zu zwölf Tage überleben. Wichtig: engen Körperkontakt vermeiden. Vor jedem Toilettenbesuch die Klobrille mit desinfizierenden Tüchern reinigen und die Hände danach gründlich waschen.

Staphylokokken: Die tödlichen Erreger auf unserer Haut

Ob Wäsche, Türklinke oder Haut – der Staphylokokkus aureus fühlt sich überall wohl. Die meisten Betroffenen wissen gar nicht, dass sie dieses Bakterium beherbergen, denn bei Gesunden verursacht es keine Beschwerden. Sobald das Immunsystem geschwächt ist und der Keim zum Beispiel eine offene Wunde in den Körper eindringen kann, vermehrt er sich explosionsartig. Er verursacht Geschwüre, Lungenentzündungen und Blutvergiftungen. Gegenmittel: Antibiotika.

Salmonellen: Die Feinde in unserem Essen

Die Bakterien gelangen über die Nahrung oder verunreinigtes Wasser in unseren Körper. Falls es genügend Salmonellen gelingt, bis zum Darm vorzudringen, nisten sie sich in den Zellen der Darmschleimhaut ein und setzen dort Zellgifte frei. Das Darmgewebe reagiert stark entzündlich – und das löst starke Schmerzen und Durchfall aus. So schützen Sie sich: Gefährdete Lebensmittel wie Fleisch vom Wild, Huhn, von Fischen und Meerestieren nie bei Temperaturen über 10 °Celsius aufbewahren und bei der Zubereitung durchgaren.

Pilze: Warum Teppichböden krank machen

Die Übertragung erfolgt von Mensch zu Mensch über infizierte Hautschüppchen. Diese Partikel werden von den Gesunden aufgesammelt. Tritt man in diese unsichtbare Spur, können sich die Pilze in der Haut festsetzen. Die Ansteckung funktioniert so: Es juckt, beim Kratzen geraten winzige Pilzteile unter die Fingernägel. Wäscht man sich nicht anschließend die Hände, reibt man die Pilze in die Haut anderer Körperteile – und begünstigt somit neue Infektionen. Hautpilze lauern in Schwimmbädern genauso wie auf Teppichböden in Hotels. Gefördert wird eine Infektion durch ein feuchtes Milieu. Unbedingt Badeschuhe tragen und Füße immer gut abtrocknen.

Hepatitis: Warum Salat die Leber Amok laufen lässt

Die leichte Variante: Hepatitis A wird über Lebensmittel (zum Beispiel Salate), verunreinigtes Wasser sowie per Schmutz-Schmierinfektionen übertragen. Wäscht man sich nach dem Toilettenbesuch nicht die Hände, kann das Virus in den Mund, von dort aus in den Darm und dann in die Blutbahn gelangen. Jetzt werden die Viren Richtung Leber transportiert, greifen dort die Leberzellen an und verursachen eine Entzündung.

Der B-Typ: Hier erfolgt die Infektion durch Körperflüssigkeiten wie Blut, Blutplasma, Sperma oder Vaginalsekrete. Durch mikroskopisch kleine Hautverletzungen gelangt das Virus in die Blutbahn und wandert dann Richtung Leber.

Der gefährlichste Typ: Tätowierungen, Sex ohne Kondom – das Hepatitis-C-Virus wird über das Blut übertragen. Eine Ansteckung findet statt, wenn das infizierte Blut in die Blutbahn oder das Gewebe gelangt. Gegen Hepatitis A und B kann man sich impfen lassen – leider aber nicht gegen Hepatitis C.