Hodenhochstand: Hat das Folgen für meinen Sohn?

Bei den Vorsorgeuntersuchungen im Kindesalter sollte stets danach geschaut werden: Sind beide Hoden da, wo sie hingehören - im Hodensack? Warum ist das so wichtig? Bis wann müssen sie zwingend an der vorgesehenen Stelle sein und was macht man, wenn das nicht der Fall ist?

Dr. Nadine Hess
Expertin Dr. Hess: „Ob Operation oder Hormontherapie: Der Hodenhochstand sollte vor Ende des ersten Lebensjahres behandelt sein.“ Foto: privat

Das sagt die Kinderärztin Dr. Nadine Hess:

Der Hodenhochstand, auch Maldescensus testis genannt, ist die häufigste angeborene Fehlbindung des Urogenitaltrakts. Zwischen zwei und vier Prozent aller männlichen Neugeborenen leiden daran – und bis zu 30 Prozent der Frühgeborenen haben einen Hodenhochstand.[1] 

Der Hoden wird während der Embryonalzeit im Bereich der Nieren angelegt und wandert dann – normalerweise – bis zur Geburt nach unten in den Hodensack. Grundsätzlich unterscheidet man drei verschiedene Formen des Maldescensus testis:

Hodenhochstand-Formen

  1. Bauchhoden: Der Hoden ist im Bauchraum verblieben und darum nicht zu tasten
  2. Leistenhoden: Der Hoden ist im Leistenkanal
  3. Gleithoden: Beim Gleithoden ist der Hoden oberhalb des Hodensackes, am äußeren Ausgang des Leistenkanals tastbar und kann in den Hodensack heruntergezogen werden, schnellt jedoch aufgrund eines zu kurzen Hodenbandes sofort wieder nach oben.

Davon abzugrenzen ist eine vierte Form, die allerdings nicht behandlungsbedürftig ist – der Pendelhoden. Hierbei ist der Hoden spontan an seiner vorgesehenen Stelle tastbar, mal oberhalb des Hodensacks. Die Ursachen für einen Hodenhochstand sind vielfältig, manchmal liegt – vereinfacht gesagt – etwas im Weg, das verhindert, dass der Hoden in den Hodensack rutschen kann.

Wie sieht die Untersuchung auf Hodenhochstand aus?

Junge auf Wickelkommode
Bei ca. sieben Prozent aller Jungen mit Hodenhochstand wandert der Hoden innerhalb des ersten Lebensjahres von allein in den Hodensack Foto: Corbis

Wichtig bei der Untersuchung ist, dass es entspannt und warm genug ist. Bei Kälte oder Irritation zieht sich der Hoden aufgrund eines Reflexes immer an das obere Ende des Hodensacks zurück. Wenn Sie also zu Hause schauen wollen, ob der Hoden bei Ihrem Kind an der richtigen Stelle ist, ist das beispielsweise in der Badewanne ideal.

Im Hodensack herrscht, anders als im übrigen Körper, eine Temperatur von nur 33° Celsius. Bei höheren Temperaturen wird der Hoden geschädigt und es können keine oder nur wenig Spermien produziert werden.

Welche Folgen kann unbehandelter Hodenhochstand haben?

Vorübergehend zu hohe Temperaturen (zum Beispiel bei Fieber) sind nicht problematisch, aber bei längerer Dauer droht ein irreparabler Schaden, der dann auch die Fruchtbarkeit im Erwachsenenalter beeinträchtigt. Zusätzlich ist das Risiko für die Entwicklung von Hodenkrebs als Folge von unbehandeltem Hodenhochstand erhöht.

Bei circa sieben Prozent aller Jungen mit Hodenhochstand wird der Hoden innerhalb des ersten Lebensjahres spontan in den Hodensack wandern. Eine abwartende Haltung zumindest für die ersten sechs Monate ist also in jedem Fall gerechtfertigt. Ist es bis dahin nicht zum Herunterrutschen gekommen, muss nachgeholfen werden.

Wie sieht die Behandlung bei Hodenhochstand aus?

Bei Kindern mit Hodenhochstand hilft ein Hormon-Nasenspray
Die Hodenhochstand-Behandlung mit einem Hormon-Nasenspray ist für Kinder am wenigsten unangenehm, allerdings liegt die Erfolgsrate nur bei 20 Prozent Foto: Shutterstock

Zunächst wird bei Hodenhochstand die Behandlung mit einem Hormon-Nasenspray empfohlen. Dieses muss drei Mal täglich für einen Monat verwendet werden. Alternativ kann auch über drei Wochen einmal wöchentlich eine Spritze mit einem anderen Hormon verabreicht werden oder eine Kombination aus beidem. Am angenehmsten für Ihr Kind ist sicherlich die Behandlung mit dem Nasenspray. Die Erfolgsrate liegt bei ungefähr 20 Prozent (je näher der Hoden am Hodensack gelegen ist, desto erfolgversprechender), allerdings kann es nach gelungener Therapie leider auch zu einem Rezidiv kommen – der Hoden rutscht wieder nach oben.

Operation bei Hodenhochstand – welche Risiken sind damit verbunden?

Ist nach der Hormonbehandlung kein Erfolg zu verzeichnen, sollte eine operative Therapie erfolgen, um den Hoden vor Schaden zu schützen. In der Operation wird der Hoden in den Hodensack gezogen und dort fixiert. Je nachdem, wo der Hoden liegt – im Leistenkanal oder in der Bauchhöhle (dies wird vorab per Ultraschall oder durch eine MRT-Untersuchung festgestellt) – wird die Operation mit oder ohne Bauchspiegelung durchgeführt werden. Die Bauchspiegelung (Laparoskopie) ist nur bei Bauchhoden notwendig.

Hodenhochstand fühzeitig erkennen
Hodenhochstand frühzeitig erkennen und gegebenenfalls behandeln verhindert spätere Folgen wie ein erhöhtes Hodenkrebs-Risiko Foto: Shutterstock

So oder so handelt es sich um eine Operation, die keine besonders lange Narkose notwendig macht. Risiken sind, wie bei jeder Operation, Infektionen der Wunde, aber auch Verletzungen des Samenkanals. Eine Verletzung der Samenleiter kann wiederum eine Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit nach sich ziehen.

Ob Operation oder Hormontherapie: Der Hodenhochstand sollte vor Ende des ersten Lebensjahres behandelt sein. Wenn Sie nicht sicher sind, ob der Hoden Ihres Sohnes ordnungsgemäß im Hodensack liegt, wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren Arzt.[2]

[1] Barthold JS1, González R.: The epidemiology of congenital cryptorchidism, testicular ascent and orchiopexy. J Urol. 2003 Dec;170(6 Pt 1):2396-401

[2] Text erstellt mit Hilfe der AWMF-Leitlinie Maldescensus testis (www.awmf.org)