Herpes Zoster – die wahren Gefahren

Um die Hautkrankheit Gürtelrose und ihre Folgen rankt sich ein gewisser Aberglaube. Unser Fachmann für Hautkrankheiten Dermatologie-Professor Dr. Hans Michael Ockenfels deckt Irrtümer auf – und erklärt, wann und wo ein Befall mit Herpes Zoster wirklich gefährlich werden kann.

Wovon hängt es ab, an welcher Körperstelle Herpes Zoster ausbricht?

Das ist Zufall. Nach einer Windpockenerkrankung liegen im Körper die Viren vor, die später den Herpes Zoster auslösen können. Sie sterben nicht ab, sondern bleiben in allen Nervenendigungen für immer »wohnen«. Ob sie dann aber im linken oder rechten Bein eine Gürtelrose auslösen oder am Auge, das kann niemand vorhersehen.

Kann Herpes Zoster am ganzen Körper gleichzeitig ausbrechen?

Dermatologe Professor Ockenfels zur Verhinderung bleibender Schäden bei Gürtelrose: „Sehr wichtig ist es, sofort zum Arzt zu gehen, denn die Therapie sollte frühzeitig, am besten innerhalb der ersten 36 Stunden, beginnen.“
Dermatologe Professor Ockenfels zur Verhinderung bleibender Schäden bei Herpes Zoster: „Sehr wichtig ist es, sofort zum Arzt zu gehen, denn die Therapie sollte frühzeitig, am besten innerhalb der ersten 36 Stunden, beginnen.“ Foto: privat

Nach wie vor hält sich der Irrglaube, dass Herpes Zoster, der einmal um den betroffenen Körperteil herum geht, besonders gefährlich oder gar tödlich sein kann. Das ist Quatsch. Denn: Eine Gürtelrose ist immer halbseitig. Sie betrifft den halben Bauch, nur eine Stelle am Bein, nur die linke oder rechte Gesichtshälfte.

Was passiert denn schlimmstenfalls bei Herpes Zoster?

Das Schlimme ist nicht der sichtbare Hautausschlag – auch wenn er stark juckt und gegebenenfalls Narben hinterlässt –, sondern die möglichen Nervenschädigungen. Sind diese erst einmal eingetreten, sind sie nicht mehr heilbar. Befällt Herpes Zoster das Ohr und wird nicht behandelt, kann das dazu führen, dass der Patient taub wird. Befällt er das Gesicht, kann er den Gesichtsnerv lähmen. Der Betroffene sieht dann aus wie nach einem Schlaganfall. Ist die Gürtelrose so stark, dass sie die Nerven schädigt, kommt es zu sehr großen einschießenden Schmerzen. Eine Morphinbehandlung kann dann die letzte medikamentöse Möglichkeit sein, anders sind die Schmerzen nicht beherrschbar.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, bei Herpes Zoster dauerhafte Schäden zu erleiden?

Abhängig von der Lokalisation und der natürlichen Abwehrkraft des Patienten ist die Wahrscheinlichkeit von dauerhaften Schäden hoch, wenn nicht frühzeitig korrekt therapiert wird. Bei unsachgemäßer und insbesondere zu schwacher Therapie treten meiner Einschätzung nach bei einem von 30 Patienten dauerhafte Schäden auf.

Wie verhindere ich, dass Herpes Zoster einen so schlimmen Verlauf nimmt?

Auf keinen Fall selbst rumdoktern. Es gibt keine Naturheilmittel gegen Herpes Zoster. Sehr wichtig ist es, sofort zum Arzt zu gehen, denn die Therapie sollte frühzeitig, am besten innerhalb der ersten 36 Stunden, beginnen. Es wird dann der Virushemmer Aciclovir verabreicht. Ist die Gürtelrose nicht so stark und der Patient noch jünger als 55 Jahre, kann der Arzneistoff oral in Form von Tabletten eingenommen werden. Wenn der Betroffene aber älter ist und Herpes Zoster mit sehr vielen Bläschen, starken Schmerzen oder am Kopf auftritt, ist eine intravenöse Verabreichung notwendig, die dann über fünf Tage stationär erfolgt.

Und was passiert, wenn es in den ersten 36 Stunden zu keinem Therapiebeginn gekommen ist?

Der Verlauf kann dann schwerer werden, die notwendige Therapie dauert länger und die Gefahr für das Auftreten von Schmerzen nach Abheilung des Herpes Zoster ist größer. Hat der Betroffene die Viren durch die Windpockenimpfung im Körper, ist aber mit einem nicht so starken Verlauf der Krankheit zu rechnen.

Kann Herpes Zoster mehrmals im Leben auftreten?

Normalerweise erkrankt man nur einmal im Leben an Herpes Zoster, sehr selten tritt die Krankheit zweimal auf. Sollte dies der Fall sein, kann es sowohl die schon einmal erkrankten Nerven treffen oder auch die Nerven an einer ganz anderen Körperstelle.

Herpes Zoster nach Windpocken
Herpes Zoster entsteht durch den Varizella-Zoster-Virus, der nach einer Windpocken-Infektion in Kindertagen im Körper bleibt Foto: alamy

Ist Herpes Zoster ansteckend?

Die Gürtelrose kann keine Gürtelrose anstecken. Allerdings löst sie bei Menschen, die sie noch nicht hatten, die Windpocken aus. So können besonders zum Beispiel ältere Menschen ihre Enkelkinder anstecken.

Im Interview: Prof. Dr. med. Hans Michael Ockenfels
Ärztlicher Leiter der Haut- und Allergiepraxis am Klinikum Hanau, Facharzt für Haut-  und Geschlechtskrankheiten, Forschungsschwerpunkte: Fotodermatologie und Schuppenflechte. Website: www.klinikum-hanau.de