Giftnotrufe steigen: Immer mehr Vitamin-D-Überdosierungen
Ein deutsches Giftnotzentrum schlägt Alarm: Immer mehr Menschen erleiden eine – versehentliche – Vitamin-D-Überdosierung. Fakten und Hintergründe.

Es ist ein weit verbreiteter Gesundheitsmythos, dass man im Winter hochdosierte Vitamin-D-Präparate nehmen sollte, weil der Körper ohne die Sommersonne zu wenig davon produziert. Das Problem: Ohne ärztliche Begleitung nehmen die meisten zu viel von dem Sonnenvitamin und erleiden eine Überdosierung.
Ein deutsches Giftnotzentrum schlägt jetzt Alarm.
Giftnotrufe steigen: Immer mehr Vitamin-D-Überdosierungen
Im Interview mit der "Deutschen Presseagentur" (dpa) bestätigte Dagmar Prasa, Leiterin des Giftinformationszentrums in Erfurt und Apothekerin, einen besorgniserregenden Trend: Es gehen immer mehr Notrufe wegen – versehentlicher – Vitamin-D-Überdosierungen ein. 2022 waren es 162 Fälle, im Jahr zuvor nur 131. In der Rangliste der bei den Notrufen am häufigsten betroffenen Arzneimittel steigt Vitamin D damit von Platz 69 in 2021 auf Platz 17.
Der größte Risikofaktor seien die zum Teil extrem hochdosierten Vitamin-D-Präparate auf dem Markt. "Wenn man sich da in der Dosierung vertut und statt einem Tropfen einen Milliliter nimmt, hat man doch schon eine deutliche Überdosis", betonte Prasa.
Vitamin-D-Überdosierung: Corona-Symptom?
Eine einmalige Überdosierung sei unproblematisch, erklärte Prasa. "Das wird zum Problem, wenn man das jeden Tag machen würde", so die Apothekerin.
Der Großteil der Notrufe betrafen einmalige, versehentliche Überdosierungen und Kinder, die die Präparate in die Hände bekommen hatten. Als weiteren Grund für die Überdosierungen hält Dagmar Prasa es für möglich, dass manche Menschen immer noch glauben, Vitamin D könne vor Infektionen und speziell vor Corona schützen. Im Sommer jedoch widerlegte eine britische Studie diese Annahme und stellte fest, dass Vitamin D nicht gegen Corona hilft.
Vitamin D: Präparate viel zu hoch dosiert
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Erwachsenen eine Tagesdosis von 800 IE (Internationale Einheiten). Arzneimittel mit einer Tagesdosis von über 1.000 IE sind verschreibungspflichtig. Im Handel können allerdings problemlos hochdosierte Präparate mit 5.000 IE pro Einheit und mehr gekauft werden. Eine Vitamin-D-Überdosierung ist so schnell erreicht.
Alles über die Folgen und Symptome einer Vitamin-D-Überdosierung lesen Sie hier: Vitamin D – wie viel ist zu viel?
Statt Vitamin-D-Präparate: Das rät das RKI
Der Körper braucht Sonnenlicht, um Vitamin D zu bilden. Das ist in Deutschland nur von März bis Oktober möglich. Wer allerdings keinen durch einen Bluttest bestätigten Vitamin-D-Mangel hat, muss im Winter nicht zu Nahrungsergänzungsmitteln greifen. Das RKI informiert auf seiner Homepage:
"Um niedrigen Vitamin-D-Werten ganzjährig entgegenzuwirken, legen aktuelle Empfehlungen nahe, zwischen März und Oktober zwei- bis dreimal pro Woche Gesicht, Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutz der Sonne auszusetzen. Für eine ausreichende Vitamin-D-Synthese reicht hierbei bereits die Hälfte der Zeit, in der sonst ungeschützt ein Sonnenbrand entstehen würde."
Wichtig ist, nicht auf eigenen Verdacht hin zu Vitamin-D-Präparaten zu greifen, sondern diese in Absprache mit der Hausärztin/dem Hausarzt zu nehmen. Nur ein Bluttest kann belegen, ob ein Mangel vorliegt. Ohne fachliche Begleitung kommt es schnell zu einer Vitamin-D-Überdosierung.
Quellen:
Giftnotruf: Mehr Anfragen wegen Überdosierung von Vitamin D, in: aerzteblatt.de
Vitamin D (Calciferole), in: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.
Antworten des Robert Koch-Instituts auf häufig gestellte Fragen zu Vitamin D, in: rki.de