Erythrit: Zuckeraustauschstoff als Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall?
Zu viel Zucker schadet der Gesundheit, das wissen wir inzwischen alle. Der Zuckeraustauschstoff Erythrit galt bislang als vermeintlich gesunde Zuckeralternative, besonders für Diabetiker:innen. Doch Forscher:innen der Cleveland Clinic haben nun eine Studie veröffentlicht, die Hinweise darauf gibt, dass Erythrit womöglich die Blutgerinnung beeinflussen könnte. Alle Infos!

Immer mehr Menschen versuchen sich zuckerfrei zu ernähren. Zuckerfreie Alternativen wie Xylit, Stevia, Erythrit, die dann auch noch kaum Kalorien haben, kommen dabei gerade recht. Letztere steht nun im Verdacht, ein Risikofaktor für Herzinfarkte und Schlaganfälle zu sein.
Was ist Erythrit?
Erythrit ist ein sogenannter Zuckeraustauschstoff, der zur Gruppe der Zuckeralkohole gehört. Käse und Früchte wie Melone, Weintrauben und Birne enthalten natürliches Erythrit. Erythrit kann aber auch industriell, meist durch die Gärung von Mais hergestellt werden.
Optisch und in seiner Konsistenz gibt es kaum einen Unterschied zu normalem Haushaltszucker. Jedoch liegt er mit 20 kcal pro 100 g kalorientechnisch sehr weit unter dem Kalorienwert von Zucker. Erythrit süßt aber auch nur halb so stark wie Zucker. Erythrit ist in der EU als Lebensmittelzusatzstoff mit der Nummer E968 zugelassen. Häufig wird er für zuckerfreie Lebensmittel wie Backwaren, Getränke, Süßigkeiten und Kaugummis verwendet.
Neben dem Aspekt, dass Erythrit sehr kalorienarm ist, kommt noch hinzu, dass der Zuckeraustauschstoff vom Körper nicht vollständig aufgenommen und metabolisiert wird, sondern größtenteils wieder ausgeschieden wird, wodurch es keinen Einfluss auf den Insulin- oder Blutzuckerspiegel beispielweise bei Diabetikern hat. Der Nachteil von Erythrit ist aber, dass bei einem erhöhten Konsum von mehr als 20 bis 30 g pro Tag Durchfall ausgelöst werden kann. Daher findet man auf Produkten mit Zuckeralkoholen immer den Hinweis "kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken". Selbst bei der Aufnahme von einer kleinen Menge von nur 10 bis 20 g können bereits Blähungen und Durchfälle auftreten. Bei dem Verzehr von Produkten mit Zuckeralkoholen kommen häufiger Unverträglichkeiten vor. Personen, die unter dem Reizdarm-Syndrom leiden, reagieren selbst auf kleinste Mengen empfindlich.
Erythrit als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Der Forscher Marco Witkowski und sein Team von der Cleveland Clinic im US-Bundesstaat Ohio untersuchten 4.000 Personen mit einem hohen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Jeder der Teilnehmer hatte bereits eine schwere Komplikation wie einen Schlaganfall oder Herzinfarkt erlitten. In jeder dieser Blutproben konnten die Wissenschaftler:innen eine hohe Konzentration des Zuckeraustauschstoffes Erythrit feststellen.
Nach dieser Erkenntnis wollten Witkowski und sein Team in Laborexperimenten herausfinden, welchen Effekt Erythrit nun tatsächlich auf das Blut hat. Dazu gaben sie in vitro, d.h. in der Petrischale, Süßstoff zu Vollblut und zuvor isolierten Blutplättchen.
Erythrit lässt Blutplättchen verklumpen
In der Untersuchung zeigte sich, dass Erythrit die Blutplättchen aktiviert und somit ihre Verklumpung auslösen kann. Es beschleunigte regelrecht die Blutgerinnung. Blutplättchen verkleben im Körper miteinander, um so beispielweise blutende Wunden wieder zu verschließen. Bildet sich aber ein Blutgerinnsel in der Blutbahn, stellen diese Thrombozyten eine Lebensgefahr dar.
Nehmen wir nun den Zuckeraustauschstoff über Lebensmittel wie Getränke oder Süßigkeiten auf, kann laut den Wissenschaftler:innen die Bildung von Blutgerinnseln verstärkt werden. Verklumpt das Blut, kann dies wiederum Herzkranzgefäße oder Hirnarterien verstopfen und so zum Herzinfarkt oder Schlaganfall führen.
Dafür braucht es noch gar nicht besonders große Mengen des Zuckeraustauschstoffes. Eine weitere Studie zeigte, dass bei acht gesunden Studienteilnehmern der Blut-Erythritspiegel über die Gerinnsel-Schwellenwerte hinausging, als sie nur 30 Gramm des Zuckeralkohols zu sich nahmen. 30 Gramm entspricht etwa dem Anteil, der in einer Dose eines handelsüblichen, künstlich gesüßten Getränks enthalten ist.
Weitere Studien notwendig
Warum sich Erythrit so stark im Körper anreichert, erklärt Witkowskis Team so: Zum einen metabolisiert, also verstoffwechselt unser Körper den Zuckeraustauschstoff nur schwer bis gar nicht. Er landet also zwangsläufig in der Blutbahn und wird über den Urin wieder ausgeschieden. Zusätzlich bildet der Körper ebenfalls Erythrit, wenn auch nur in sehr geringen Mengen. Letztlich addieren sich diese beiden Erythrit-Mengen, was möglicherweise gefährlich werden kann.
Ob Erythrit nun wirklich ein Risikofaktor für Herzinfarkte und Schlaganfälle darstellt, können die Wissenschaftler:innen nicht klar beantworten. „Es ist wichtig, dass weitere Sicherheitsstudien durchgeführt werden, um die langfristigen Auswirkungen von künstlichen Süßstoffen im Allgemeinen und von Erythrit im Besonderen auf das Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall zu untersuchen“, sagt Witkowskis Kollege Stanley Hazen. Zudem soll in Folgestudien auch die Wirkung von Erythrit auf gesunde Menschen weiter untersucht werden, damit eine mögliche Verzerrung durch Herz-Kreislauf-Vorerkrankungen ausgeschlossen werden kann.
Quellen:
Common artificial sweetener, erythritol, associated with higher rates of heart attack, stroke, in: lerner.ccf.org