West-Nil-Virus: Drosten warnt vor einer Ausbreitung

Neben Gelbfieber-, Malaria-, Zika- und Dengue-Virus hat sich auch das West-Nil-Virus 2022 in Europa weiter ausgebreitet. Und 2023 scheint die Entwicklung fortzuschreiten: Aktuell warnt der Virologe Christian Drosten vor einer Ausbreitung in Deutschland.

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Der Erreger, der ein Tropenfieber auslöst, wurde erstmals am Nil entdeckt, daher der Name. Er wird durch Mücken übertragen, wenn besonders hohe Temperaturen herrschen, und trägt aus diesem Grund auch die Bezeichnung Mücken-Virus. Das West-Nil-Virus sorgte 2022 für Aufregung, weil es sich wegen der Hitze in Europa stark ausgebreitet hat. Nun warnt der Berliner Professor Christian Drosten vor einer weiteren Ausbreitung in diesem Jahr.

Mücke
Klein, aber gefährlich: Eine Mücke kann das West-Nil-Virus übertragen Foto: iStock/Александр Довянский

Nach dem Mücken-Virus 2022: Drosten warnt vor West-Nil-Virus aktuell

Nach Angaben des Virologen lässt sich derzeit vor allem eine Verbreitung in Berlin und Ostdeutschland beobachten. Hier haben sich in der Vergangenheit auch erste Menschen infiziert.

„Die Zahl der Stechmücken, die das Virus mit sich tragen, scheint aktuell zu steigen.“
Christian Drosten

Drosten und andere Expert:innen halten den Klimawandel für einen ausschlaggebenden Faktor für diese besorgniserregende Entwicklung. Zugvögel tragen die Mücken aus den afrikanischen Gebieten immer weiter in den Norden, wo sie wegen der ansteigenden Temperaturen und der milden Winter immer bessere Lebensbedingungen finden. Laut Drosten bestehe derzeit aber kein Grund zur Panik, Studien zufolge liege die Rate der schweren Erkrankungen in neu befallenen Gebieten bei eins zu 1.000 Infizierten.

West-Nil-Virus 2022: Ausbreitung im Überblick

Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC legt wöchentlich einen Bericht zu Bedrohungen durch übertragbare Krankheiten vor. Für das Jahr 2022 wurden in Europa bis Ende November insgesamt 965 Infektionen beim Menschen mit dem Virus nachgewiesen. Am häufigsten ist das West-Nil-Virus in Italien aufgetreten, wo auch die meisten Toten verzeichnet wurden.

Der Überblick:

  • Italien – 586 Infektionen und 37 Todesfälle

  • Griechenland – 284 Ansteckungen und 31 Todesfälle

  • Rumänien – 46 Infektionen und 5 Todesfälle

  • Ungarn – 14 Fälle

  • Deutschland – 11 Infektionen

  • Kroatien – 8 Ansteckungen

  • Österreich – 6 Infektionen

  • Spanien – 5 Fälle

  • Frankreich – 4 Infektionen

  • Slowakei – 1 Fall

Auch an den Grenzen zur EU wurde das West-Nil-Virus registriert: So gab es in Serbien 226 Infektionen und 12 Todesfälle. Die Übertragungssaison dauert laut ECDC von Juni bis November.

West-Nil-Virus Deutschland 2022: Erste Infektion beim Menschen nachgewiesen

In Deutschland hat sich das West-Nil-Virus in den letzten Jahren vor allem in den ostdeutschen Bundesländern ausgebreitet. Auch 2022 wurde ein Fall gemeldet, allerdings bei einem Tier: Medienberichten zufolge ist die Viruserkrankung im Zoologischen Garten in Magdeburg bei einem Schnee-Eulenküken nachgewiesen worden.

Wie das Landesamt für Verbraucherschutz in Halle (Sachsen-Anhalt) damals mitteilte, sei das Küken vom Tierarzt untersucht worden und dabei gestorben. Im August 2022 wurde dann ein erster Fall beim Menschen bestätigt.

Erstmals 2022: West-Nil-Virus-Infektion beim Blutspenden entdeckt

Entdeckt wurde die Infektion mit dem West-Nil-Virus 2022 bei einem Screening im Rahmen einer Blutspenden-Aktion im Westen Sachsen-Anhalts, berichtet das Robert Koch-Institut. Genauere Angaben dazu wurden jedoch nicht gemacht.

Seit 2018 gibt es regelmäßig Fälle vom West-Nil-Virus in dem Bundesland. Expert:innen nehmen an, dass das Virus in Sachsen-Anhalt inzwischen endemisch geworden, also örtlich begrenzt verbreitet, ist.

West-Nil-Virus: Wann erstmals in Deutschland?

Anfang September 2020 meldete das RKI die ersten Fälle bei Menschen in Deutschland: einen Fall in der Hauptstadt Berlin und die anderen in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Die Infektionen sind jeweils durch Blut- oder Plasma-Spenden entdeckt worden. Zwei Männer über 70, aber auch eine Frau Anfang 30 litten damals an Gehirnhautentzündungen. Es wurden insgesamt 9 Fälle von Infizierten in Deutschland bekannt. Da das Virus grippeähnlich ist, wird das WNV oft gar nicht diagnostiziert. Man geht daher von einer hohen Dunkelziffer aus.

Was ist das West-Nil-Virus (WNV)?

Wie der Name schon sagt, wurde das Virus erstmals in Uganda westlich des Nils entdeckt. Das Virus konnte sich vermutlich durch Zugvögel auch in Europa verbreiten. Vorwiegend wird das Virus an heißen Tagen durch Mücken übertragen.

Neben Eulen gelten auch Greif- und Rabenvögel sowie viele Singvögelarten als besonders anfällig für das Virus. Pferde können sich ebenfalls infizieren – und auch Menschen. Meist verläuft die Erkrankung mild und unauffällig, rund 20 Prozent der Infizierten erkranken mit Fieber.

Durch welche Symptome äußert sich das West-Nil-Virus?

Im Normalfall verläuft eine Infektion ohne Symptome. Betroffene können auch unter plötzlich auftretenden grippeähnliche Symptomen leiden wie:

  • Schüttelfrost

  • Erbrechen

  • Kopf- und Rückenschmerzen

  • Abgeschlagenheit

  • Lymphknotenschwellungen

Diese heilen nach 1-2 Wochen wieder. In ca. jedem 100. Fall kann es jedoch zu Gehirn-Entzündungen wie Enzephalitis oder Meningitis kommen. Diese können im schlimmsten Fall auch tödlich enden.

West-Nil-Virus in Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg

Sachsen-Anhalt gilt als ein Hotspot. Doch auch in anderen deutschen Bundesländern wurde das West-Nil-Virus bei Menschen bereits nachgewiesen – so in Bayern, aber vor allem auch gehäuft in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Die Gründe dafür sind unklar, wie Doreen Werner, Biologin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (Zalf) betont: „Warum, wissen wir noch nicht.“ Das Virus wird durch Hausmücken übertragen und ist erst vor Kurzem in Deutschland aufgetaucht.

Wie kann man sich vor dem Virus schützen?

Am besten sollte man Mückenstiche vermeiden, zum Beispiel indem man langärmlige Kleidung trägt. Wenn es dafür doch mal zu heiß ist, können auch Mückensprays Abhilfe schaffen. Auch Moskitonetze erfüllen zumindest in der Nacht ihren Zweck. Sollte man doch gestochen werden, empfiehlt es sich, die Stiche nicht aufzukratzen. Wenn Keime ins Blut gelangen, kann es im Ernstfall zu einer Blutvergiftung kommen. 

Einen Impfstoff oder eine Therapie für Menschen gibt es bisher nicht. Wenn schwerwiegende Symptome auftauchen, kann man Ärzt:innen auch auf das West-Nil-Virus hinweisen, um sich testen zu lassen. Oft wird das West-Nil-Virus, wie auch beim Fall in Sachsen-Anhalt, bei Blutprobe-Untersuchungen festgestellt.