Erfolg macht unglücklich: Achten Sie stattdessen darauf!

Seit über 80 Jahren untersuchen Harvard-Forschende das Glück. Was macht uns wirklich glücklich und worauf können wir getrost verzichten? Erste Studienergebnisse geben nun spannende Einblicke.

Frau stützt Kopf in die Hände
Wer unter Erfolgsdruck leidet, ist oft unglücklich – das kann fatale Folgen haben Foto: iStock / Martin Barraud

Glück ist eine subjektive Empfindung. Im Duden ist es als „Zustand der inneren Befriedigung und Hochstimmung“ beschrieben, als eine „angenehme und freudige Gemütsverfassung“. Während sich einige Gründe für das Glücklichsein sicherlich überschneiden, gibt es auch große Unterschiede. Jede:r ist vermutlich glücklich, wenn die Familie gesund ist. Doch nur manche fühlen Freude, wenn draußen Schnee liegt.

Forschende der Harvard University untersuchen seit 1938 das Phänomen Glück – und veröffentlichen nun erste Ergebnisse.

Das macht wirklich glücklich

Mittlerweile begleiten die Forschenden der „Harvard Study of Adult Development” seit über 80 Jahren knapp 2000 Menschen aus drei Generationen. Dabei wurde sowohl der private als auch der berufliche Werdegang analysiert – vor allem auch in Hinblick auf Erfolge und Misserfolge.

Aus ihren Zwischenergebnissen geht nun hervor: Das Glück wird bei jedem Individuum durch robuste, soziale Beziehungen und das Gefühl von Verbindung und Zugehörigkeit positiv beeinflusst.

Äußere Faktoren haben keinen Einfluss

Dieses Ergebnis kam den Wissenschaftler:innen zufolge unabhängig von äußeren Faktoren wie der Kultur oder dem Gesundheitszustand zustande. Wer in jüngeren Jahren glücklich in seinen Beziehungen sei, werde auch im höheren Alter gesünder sein. Geld und materielle Dinge seien unbedeutsam, genauso wie der Erfolg im Beruf. Letzterer kann sogar zum Gegenteil von Freude führen – mit ernsten gesundheitlichen Auswirkungen für Betroffene.

Erfolg: Deshalb macht er unglücklich

Jede:r definiert das persönliche Glück selbst. Viele Menschen neigen dazu, auch Dinge wie Geld oder den Erfolg als Voraussetzung für Glück anzusehen. Laut den Forschenden sei es jedoch nicht so, dass große Erfolge mit einem zunehmenden Glücksgefühl verbunden sind. Das Glück werde dadurch sogar eher verhindert.

„Jedes Mal, wenn das Gehirn einen Erfolg verbucht, wird die Latte danach höher gehängt: Du hast gute Noten bekommen, jetzt musst du bessere Noten bekommen. Du hast deine Verkaufsziele erreicht, jetzt werden sie erhöht. Wenn Glück auf der anderen Seite von Erfolg steht, wird das Gehirn nie dorthin gelangen. Wir als Gesellschaft haben Glück über unseren geistigen Horizont hinausgeschoben, weil wir glauben, dass wir erfolgreich sein müssen, um glücklich zu sein. Unser Gehirn arbeitet jedoch genau andersherum“, erklärt der Harvard-Glücksforscher Shawn Anchor in einem Ted-Talk.

Folge von dem ständigen Streben nach Erfolg: Depressive Verstimmung

Wer immer weiter nach Erfolg strebt und sich statt mit dem Erreichen eines Ziels sofort neue, höhere Ziele setzt, riskiert das Entstehen einer depressiven Verstimmung. Grund ist meistens der Druck, den sich Betroffene selbst erzeugen – es entsteht eine berufliche Überlastung und viel Stress. Wer sich ausschließlich mit dem Erreichen der Ziele beschäftigt, vernachlässigt außerdem oft soziale Kontakte und eine ausgeglichene Lebensweise mit gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung. All dies sind Ursachen, die eine depressive Verstimmung auslösen können – die sich dann u.a. in einer Schlafstörung, Lustlosigkeit und einem Schwächegefühl äußern kann.

6 Tipps für mehr Glück

Statt sich auf immer größere Erfolge zu versteifen, sollten sich Menschen, um wirklich glücklich zu sein, auf ihre Beziehungen konzentrieren. Die Forschenden empfehlen dafür aktiv nach sozialen Interaktionen zu suchen, beispielsweise mit den folgenden Aktivitäten:

1. Suchen Sie sich ein neues Hobby oder Ehrenamt

Neue Leute kennenlernen ist fast nirgendwo so einfach wie in einem Sportverein, einem Chor oder in der nächstgelegenen Töpfergruppe – trauen Sie sich etwas Neues auszuprobieren und lernen Sie nicht nur ein neues Hobby, sondern auch neue Leute kennen. Ebenso geht das natürlich mit der Aufnahme eines neuen Ehrenamts.

2. Freunde von früher anschreiben

Wer die Nummer der früheren besten Schulfreundin nicht mehr hat, kann vielleicht Kontakt über das Internet aufnehmen – mittlerweile sind doch fast alle auf irgendeiner sozialen Plattform angemeldet. Schreiben Sie früheren Freund:innen und lassen Sie so alte Kontakte wieder aufleben.

3. Apropos Internet: Einzelpersonen und Gruppen kennenlernen

Auch wenn es heutzutage neuere Plattformen gibt, auf Facebook bestehen immer noch viele Gruppen, die sich auf einen Stadtteil oder einen Interessensbereich konzentrieren. Auch über Instagram, LinkedIn, Bumble Friends usw. können Sie schnell Kontakte knüpfen.

4. Die reale Welt nutzen

Wer es merkwürdig findet oder sich nicht traut, Menschen über das Internet kennenzulernen, kann natürlich auch immer noch in die reale Welt gehen. Besuchen Sie die nächste Kunstausstellung einfach mal allein oder setzen Sie sich ohne Begleitung ins Café um die Ecke – aus Smalltalk mit Fremden kann sich auch schnell eine Freundschaft entwickeln.

 5. Mit fremden Menschen verreisen

Bei verschiedenen Reiseanbietenden können Sie einen Gruppenurlaub buchen – sowohl die Anzahl der Teilnehmenden als auch die Altersklassen sind oft eingeschränkt, sodass Sie optimale Bedingungen haben, neue Freund:innen zu finden. Wer sich vor dieser „radikalen“ Aussetzung fremder Menschen fürchtet, sollte sich immer denken: Auch die anderen sind allein dorthin gekommen und haben Lust, neue Kontakte zu knüpfen – ansonsten würden sie wohl nicht an einer Gruppenreise teilnehmen.

6. Bestehende Kontakte pflegen

Es kann natürlich auch sein, dass Sie bereits viele Beziehungen haben und die aktive Suche nach neuen Kontakten eher zu Stress, statt zu Freude führt. In diesem Fall ist es natürlich auch möglich, noch glücklicher zu werden – kümmern Sie sich regelmäßig um Ihre guten Freundschaften und vereinbaren Sie zum Beispiel feste Treff- oder Telefonierzeiten mit der jeweiligen Freundin oder dem Freund.

Anzahl der Kontakte nicht entscheidend

Auch andere Studien belegen, dass Einsamkeit und Isolation auf Dauer krank machen – wenn Sie also auf der Suche nach Glück sind, sollten Sie sich nicht auf das Erreichen hoher Ziele fokussieren, sondern Ihre sozialen Beziehungen pflegen und neue Leute kennenlernen. Die Anzahl der Kontakte ist laut Wissenschaftler:innen dabei nicht ausschlaggebend für das Glück: Gute und tiefgründige Beziehungen überwiegen vielen und dafür oberflächlichen Bekanntschaften.

Quelle:

Harvard Study of Adult Development, in: adultdevelopmentstudy.org