Emotionale Erpressung: Beispiele und wie Sie die Manipulation beenden
Liebesentzug, Schuldgefühle und Ängste – emotionale Erpressung kann grausam sein. Welche Formen emotionale Erpressung annehmen kann, welche Anzeichen es gibt und wie Sie die Manipulation beenden können.
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- Was ist emotionale Erpressung?
- Emotionale Manipulation erkennen: 6 Anzeichen
- Emotionale Erpressung: Beispiele und typische Sprüche
- Emotionale Erpressung: Wie Narzissmus und Manipulation zusammenhängen
- Emotionale Manipulation: Depression und Ängste können dahinterstecken
- Emotionale Manipulation beenden: Diese 6 Tipps helfen
- Emotionale Erpressung kann krank machen
Egal ob in der Partnerschaft, unter Freunden, in der Familie oder am Arbeitsplatz – in jeglichen Beziehungen kann emotionale Erpressung vorkommen. Gerade wenn Gefühle in Konflikten mit nahestehenden Menschen überkochen, werden vorschnell Vorwürfe geäußert, die im Gegenüber Schuldgefühle und ein schlechtes Gewissen auslösen können. Doch auf Dauer kann dieses manipulative Verhalten nicht nur toxisch für die Beziehung sein, sondern auch krank machen. Welche Warnsignale auf eine emotionale Erpressung hindeuten und welche Auswege es gibt.

Im Text wird aus Gründen der Lesefreundlichkeit die grammatikalisch männliche Form verwendet. Damit sind jedoch sowohl Männer, Frauen als auch diverse Menschen gemeint.
Was ist emotionale Erpressung?
Emotionale Manipulation kann in jeder zwischenmenschlichen Beziehung auftreten: in der Partnerschaft, in einer toxischen Freundschaft, in der Eltern-Kind-Beziehung oder unter Arbeitskollegen. „Emotionale Erpressung ist eine schwerwiegende Form von Manipulation“, erklärt die US-amerikanische Psychologin Susan Forward in ihrem gleichnamigen Buch. Macht der eine nicht das, was der andere will, droht Liebesentzug und der Erpresste wird mit negativen Gefühlen abgestraft.
Die Folge: Schuldgefühle und ein schlechtes Gewissen, aus denen eine emotionale Abhängigkeit resultiert und so zu dem gewünschten Verhalten des Erpressers führt. Oftmals läuft die psychische Manipulation für beide Seiten unterbewusst ab, sodass die emotionale Erpressung auf Anhieb schwer zu erkennen ist.
Emotionale Manipulation erkennen: 6 Anzeichen
Bei einer emotionalen Erpressung entstehen beim Opfer Angst, Pflicht- und Schuldgefühle. Diese Gefühle nutzt der emotionale Erpresser, um seine Ziele zu erreichen.
Nach Susan Forward gibt es eindeutige Symptome für eine emotionale Erpressung. Demnach läuft eine psychische Manipulation in sechs Stufen ab:
Forderung: In der ersten Phase wird eine Forderung gestellt – entweder klar und deutlich oder unterschwellig, sodass der andere nur ahnen kann, was der Erpresser will.
Widerstand: Der andere weist diese Forderung zurück und leistet Widerstand – entweder mit einem deutlichen „Nein“ oder subtiler.
Druck: Der Erpresser akzeptiert den Widerstand nicht, erhöht den Druck durch charmante Äußerungen oder drängende Fragen. Gefühle und Bedürfnisse des Gegenübers werden nicht berücksichtigt.
Drohung: Bekommt der Erpresser immer noch nicht das, was er oder sie will, wird mit Liebesentzug gedroht, direkt oder indirekt.
Unterwerfung: Je größer die Furcht vor dem angedrohten Liebesentzug ist, desto eher gibt das Opfer der Forderung des Erpressers nach. Die erpresste Person kapituliert aus einem Pflicht- und Schuldgefühl heraus – sie will, dass es dem anderen gut geht und der Liebesentzug aufhört.
Wiederholung: Die emotionale Erpressung ist für den Moment vorbei – sowohl Opfer als auch Erpresser gewöhnen sich an die psychische Manipulation: Der Erpresser merkt, dass er damit durchkommt. Und das Opfer weiß nun, dass der Druck und die Drohung von Liebesentzug erst nachlassen, wenn es kapituliert.
Emotionale Erpressung: Beispiele und typische Sprüche
Psychische Manipulation in Beziehungen kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen. Die Psychologin Susan Forward unterscheidet vier sogenannte Erpresser-Typen, die jedoch alle dasselbe Ziel verfolgen: Der Erpresser versucht mithilfe von Gefühlen, den anderen zu manipulieren und unter Druck zu setzen. Denn er oder sie weiß, dass sich der andere nach Harmonie, Anerkennung und Liebe sehnt.
Hier eine Übersicht, was die verschiedenen Typen auszeichnet und welche Beispielsätze typisch für sie sind:
Bestrafender Erpresser-Typ
In dieser Kategorie ist die emotionale Erpressung am offensichtlichsten. Der bestrafende Typ spricht aus, was er will und mit welchen Folgen das Opfer zu rechnen hat. Das Perfide: Das Gegenüber weiß nicht, wann und in welchem Umfang die Drohung auch umgesetzt wird – eine ständige Unsicherheit und Angst sind vordergründige Gefühle.
Beispielsatz: „Wenn du jetzt aus der Tür gehst, siehst du mich nie wieder.“
Selbstbestrafender Erpresser-Typ
Menschen aus dieser Kategorie drohen damit, sich selbst zu schaden, wenn das Gegenüber nicht das tut, was der andere will. Eltern kennen dieses Verhalten vielleicht von ihren Kindern: Wenn diese damit drohen, die Luft anzuhalten oder nicht mehr zu essen, weil sie zum Beispiel länger aufbleiben wollen. Der selbstbestrafende Typ macht andere für das eigene Wohlergehen verantwortlich.
Beispielsatz: „Wenn du mich verlässt, tue ich mir etwas an.“
Leidender Erpresser-Typ
„Du bist schuld an meinem Leid“ – diese Gedanken sind typisch für Menschen dieser Kategorie. Leidende Typen geben dem anderen zu verstehen, dass sie weiterhin unglücklich bleiben, wenn sie nicht bekommen, was sie wollen. Das Paradoxe: Oftmals sprechen sie nicht aus, was sie wollen, sondern erzeugen in ihrem Gegenüber auf subtile Weise Schuldgefühle.
Beispielsätze: „Ach, meldest du dich auch mal bei mir.“
Verführender Erpresser-Typ
Die emotionale Erpressung des Verführers läuft in der Regel so ab: Er oder sie erfüllt die Bitte des anderen nur in Gegenleistung und stellt Belohnungen in Aussicht, wenn der:die andere etwas dafür tut. Menschen dieser Kategorie testen somit den anderen.
Beispielsatz: „Ich mache gerne deine Steuererklärung – aber nur, wenn ich ab jetzt den Haushalt nicht mehr machen muss.“
Weitere Sätze im Zusammenhang mit emotionaler Erpressung sind:
„Wenn du mich wirklich liebst, würdest du dich nicht so verhalten.“
„Wenn du jetzt gehst, ist es aus mit uns.“
„Wegen dir geht es mir so schlecht.“
„Das kannst du mir doch nicht antun.“
„Wenn du dich trennst, siehst du die Kinder nie wieder.“
„Was habe ich alles für Dich getan und was tust Du?"
Emotionale Erpressung: Wie Narzissmus und Manipulation zusammenhängen
Wer andere emotional erpresst, hat dieses Verhalten oftmals als Kind so gelernt. Häufig fühlt sich der Erpresser selbst in der Opferrolle und leidet unter einem geringen Selbstwertgefühl. Er oder sie sehnt sich nach Liebe, Anerkennung oder Aufmerksamkeit und will das mangelnde Selbstwertgefühl kompensieren – und erreicht diese Ziele mithilfe psychischer Manipulation.
Dieses Verhalten ist besonders bei narzisstischen Menschen zu beobachten: Sie nutzen andere aus und manipulieren sie, um ihre eigenen Ziele zu erreichen. Narzissten sind getrieben von ständigen Neidgefühlen und der Angst, den eigenen Ansprüchen und die der anderen nicht zu genügen. Sie wollen bewundert und angebetet werden – ihr Partner soll dabei möglichst keine eigenen Bedürfnisse äußern.
Aufgrund fehlender Empathie nehmen narzisstische Menschen in Beziehungen keine Rücksicht auf die Gefühle des Gegenübers. Sie merken, dass der andere mit Schuldgefühlen manipulierbar ist und nutzen die emotionale Erpressung als Methode, um den Partner nach den eigenen Vorstellungen zu "erziehen". Fügt sich der Partner nicht, wird er mit narzisstischer Wut abgestraft.
Dafür braucht es jedoch auch immer jemanden, der auf die Manipulation anspringt. Besonders anfällig für emotionale Erpressung sind daher konfliktscheue und harmoniebedürftige Personen, die mit Schulgefühlen aufgewachsen sind und möglicherweise eine Angst vor Ablehnung haben.
Eine narzisstische Mutter neigt dazu, ihre Kinder emotional zu missbrauchen, um sich selbst besser zu fühlen. Sie liebt ihre Kinder nicht bedingungslos – ihre Liebe muss man sich erst verdienen. Charakteristisch für eine solche Mutter ist, dass sie ihren Kindern die Schuld für all das gibt, was in ihrem Leben nicht rund gelaufen ist. Selbst wenn sie schwer krank wird, flößt sie ihnen ein schlechtes Gewissen ein: „Ich lasse mich nicht behandeln und sterbe lieber, weil sich sowieso keiner um mich kümmern würde.“
Emotionale Manipulation: Depression und Ängste können dahinterstecken
Es kann auch sein, dass sich hinter dem narzisstischen Verhalten eine depressive Erkrankung verbirgt. Einige Menschen mit schwerer Depression neigen dazu, ihren Partner emotional zu erpressen und zu demütigen, um sich selbst besser zu fühlen. Meistens ist dieses Verhalten unbeabsichtigt und rührt von einer großen Unsicherheit und Frustration heraus. Eine Depression beim Partner stellt so die Beziehung auf eine harte Probe.
Daneben kommen verschiedene Ängste infrage, die der emotionalen Manipulation zugrunde liegen können, wie beispielsweise die Verlustangst.
Emotionale Manipulation beenden: Diese 6 Tipps helfen
Für beide Seiten gibt es immer die Möglichkeit, aus der Situation der emotionalen Erpressung auszusteigen und das Verhalten zu ändern. Diese Auswege gibt es, die Manipulation zu beenden:
1. Beobachten
Emotionale Erpressung auf Anhieb zu erkennen, ist nicht immer leicht. Bemerken Sie immer wieder Schuldgefühle oder ein schlechtes Gewissen in bestimmten Situationen? Dann handelt es sich vermutlich um eine emotionale Manipulation. Beobachten und analysieren Sie Situationen, in denen Sie sich emotional unter Druck gesetzt gefühlt haben: Was wollte der andere wirklich von Ihnen? Aus welchen Gründen könnte er oder sie so gehandelt haben? Wie haben Sie reagiert? Wichtig ist, zunächst die verschiedenen Situationen zu erkennen, um künftig anders darauf reagieren zu können.
2. Offen miteinander reden
Wenn Sie sich emotional erpresst fühlen, immer wieder ein schlechtes Gewissen und Schuldgefühle in der Beziehung aufkommen, hilft vor allem eins: Das Gespräch suchen und Feedback geben. Sprechen Sie an, dass Sie sich unter Druck gesetzt fühlen – oftmals ist dem anderen das Verhalten nicht bewusst.
3. Bei emotionaler Erpressung kontern und Grenzen setzen
Seien Sie sich bewusst, wo Ihre Grenzen liegen und was Ihnen wichtig ist. Droht er oder sie mit Trennung, wenn sie lieber alleine in den Urlaub fahren möchten? Machen Sie sich klar, was Sie wollen und lernen Sie, diese Grenzen offen zu kommunizieren. Sagen Sie „Nein“, wenn Sie etwas nicht machen wollen – nur so lernt Ihr Gegenüber, dass die emotionale Erpressung nicht mehr funktioniert.
4. Selbstbewusstsein stärken
Beide Seiten haben oftmals ein geringes Selbstbewusstsein und damit einhergehend ein schlechtes Selbstwertgefühl. Vor allem das Opfer von Manipulation kennt seine eigenen Grenzen nicht, hat wenig Durchhaltevermögen und gibt schnell nach, wenn es emotional erpresst wird. Das Selbstbewusstsein langfristig zu stärken ist zwar harte Arbeit, lohnt sich aber, um sich gegen die emotionale Erpressung wehren zu können.
5. Sich Zeit geben
Erwarten Sie nicht, dass die emotionale Erpressung von heute auf morgen aufhört. Denn dieses Verhalten ist oftmals tief verankert und es braucht viel Durchhaltevermögen, das manipulative Verhalten wieder abzulegen. Auch das Opfer muss erst lernen, auf die emotionale Erpressung nicht mehr einzugehen.
6. Sich Hilfe holen
Wenn es schwierig ist, über die emotionale Erpressung zu sprechen, suchen Sie sich professionelle Hilfe. Insbesondere auch dann, wenn depressive Symptome, anhaltende Ängste und permanente Schuldgefühle im Spiel sind. Ein (Paar-)Therapeut kann mit Ihnen zusammen Ihre Verhaltensmuster analysieren und Lösungen entwickeln.
Verweigert der Partner das Gespräch und ist kein Ende der emotionalen Erpressung in Sicht, sollte über eine Trennung nachgedacht werden. Insbesondere wenn Sie mit einem narzisstischen Menschen zusammen sind, ist die Trennung vom Narzissten meist der einzig richtige Weg, um sich selbst zu schützen.
Emotionale Erpressung kann krank machen
Bei anhaltender emotionaler Manipulation können sich Gefühle der Unzufriedenheit, Verlustängste und Einsamkeitsgefühle einstellen. Im schlimmsten Fall entwickeln sich bei Betroffenen Depressionen, Essstörungen und/oder Suizidgedanken. Deshalb: Suchen Sie sich bei den ersten Anzeichen einer psychischen Erkrankung professionelle Hilfe. Denn auf Dauer kann emotionale Erpressung krank machen.
Wenn Sie sich ständig erschöpft und traurig fühlen oder unter Schlafproblemen leiden, kann dies auf eine Depression hindeuten. Spätestens nach zwei Wochen Niedergeschlagenheit ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen. Auf der Website der Deutschen Depressionshilfe finden Sie verschiedene Anlaufstellen. Dort sind auch Adressen für Notfälle gelistet. Bei konkreten Suizidgedanken ist es wichtig, die nächstgelegene Klinik mit psychiatrischer Notaufnahme aufzusuchen.
Bei akuten Sorgen oder Ängsten können Sie jederzeit anonym die Telefonseelsorge unter den Telefonnummern 0800/111 0 111 oder 116 123 anrufen.
Wenn Sie nicht selbst betroffen sind, aber depressive Symptome bei anderen bemerken, erhalten Sie auf der Website der Deutschen Depressionshilfe konkrete Handlungsempfehlungen. Besteht eine konkrete Suizidgefahr ist es wichtig, sofort den Rettungsdienst unter 112 oder die Polizei zu verständigen.
Quellen:
Forward, S., & Glynn, D. F. (2014). Emotionale Erpressung: wenn andere mit Gefühlen drohen. Goldmann Verlag. Wolf, D. (2010). Wenn Schuldgefühle zur Qual werden. PAL-Verlag.
Narzisstische Persönlichkeitsstörung, in: therapie.de