Depressionen: Neue Wege aus dem Seelentief

Frau mit Depressionen
Laut einer aktuellen Studie werden 74 Prozent der Depressions-Patienten nicht angemessen behandelt. Dabei kehrt mit der passenden Therapie meist die Lebensfreude zurück Foto: Fotolia

Wenn das Gemüt leidet, ist frühzeitige und professionelle Hilfe für Betroffene wichtig. Nicht nur mit Pillen lässt sich eine Depression behandeln. Neue Therapien sind oft genauso wirksam.

Treffen mit den Freunden werden abgesagt. Das Interesse an den Hobbys lässt nach – bis man die Wohnung schließlich kaum noch verlässt. Wer an Depressionen leidet, zieht sich meist immer mehr zurück. Wie aktuelle Studien zeigen, macht das Stimmungstief auch vor dem Alter nicht halt. Nach Schätzungen sind rund zehn Prozent der über 60-Jährigen von Depressionen oder Angststörungen betroffen.

Viele Faktoren begünstigen seelische Probleme: eine chronische Krankheit, der Verlust von Angehörigen oder eingeschränkte Mobilität. Doch auch psychische Belastungen und genetische Veranlagungen spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer Depression.

Wann sollte gehandelt werden?

Kurze Stimmungstiefs über wenige Wochen durchlebt jeder Mensch einmal. „Halten Gefühle wie Niedergeschlagenheit, Schlaflosigkeit und allgemeine Unlust länger als sechs Wochen an, kann dies auf eine Depression deuten“, sagt Psychologin Cora Besser-Siegmund. „Betroffene leiden häufig auch unter einem Morgentief. Sie wachen früher auf, als sie müssen – Grübeleien lassen sie nicht schlafen.“ Auch Magen-Darm-Verstimmungen, Appetitlosigkeit oder Hautveränderungen zählen zu den körperlichen Begleitsymptomen.

Welche Methoden helfen wirklich?

Verbessert sich die Situation innerhalb weniger Wochen nicht, sollten Betroffene Hilfe in Anspruch nehmen. Eine Studie der Technischen Universität München zeigt: Den größten Erfolg verspricht eine Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten. Ob sogenannte Antidepressiva eingesetzt werden, hängt vor allem vom Schweregrad der Erkrankung ab. So verringern Pillen in Akutphasen die Anspannung, helfen bei Schlafstörungen und sorgen für eine Erholung des Stoffwechsels im Gehirn.

Während der Psychotherapie, am besten Verhaltenstherapie (zahlen die Kassen), lernen Patienten, sich mit Ängsten auseinanderzusetzen und die Abwärtsspirale im Kopf zu stoppen.

Krampftherapien & Narkosemittel

In schweren Fällen – wenn zwei verschiedene Medikamente und die Psychotherapie keinen Erfolg bringen – setzen Experten auf die sogenannte Elektro-Krampftherapie (EKT). Dabei wird dreimal pro Woche unter Vollnarkose durch elektrische Stimulation ein harmloser Krampfanfall ausgelöst. Das Gehirn schüttet dabei Botenstoffe wie Serotonin aus und ordnet die Verbindungen zwischen Hirnregionen neu, die für die Stimmung wichtig sind.

Ähnlich funktioniert die neue Magnet-Konvulsionstherapie (MKT). Die kurzen Krämpfe werden magnetisch ausgelöst. Eine Studie zeigt, dass die Depression innerhalb einer Woche um 35 Prozent verringert werden kann. Außerdem ruft diese Methode seltener Nebenwirkungen hervor als die EKT.

Neue Hoffnung bringen auch aktuelle Forschungsergebnisse mit Ketamin. Dieses Narkosemittel setzen Mediziner bei scheinbar therapieresistenten Patienten ein. In mehreren Studien konnte bei 70 Prozent der Behandelten bereits nach 24 Stunden eine Verbesserung der Stimmung nachgewiesen werden. In Deutschland verwenden Experten der Berliner Charité dieses Medikament bei Depressionen bereits.

Depression: Wo finde ich Hilfe?

Wenn Sie sich ständig erschöpft und traurig fühlen oder unter Schlafproblemen leiden, kann dies auf eine Depression hindeuten. Spätestens nach zwei Wochen Niedergeschlagenheit ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen. Auf der Website der Deutschen Depressionshilfe finden Sie verschiedene Anlaufstellen. Dort sind auch Adressen für Notfälle gelistet. Bei konkreten Suizidgedanken ist es wichtig, die nächstgelegene Klinik mit psychiatrischer Notaufnahme aufzusuchen.

Bei akuten Sorgen oder Ängsten können Sie jederzeit anonym die Telefonseelsorge unter den Telefonnummern 0800/111 0 111 oder 116 123 anrufen.

Wenn Sie nicht selbst betroffen sind, aber depressive Symptome bei anderen bemerken, erhalten Sie auf der Website der Deutschen Depressionshilfe konkrete Handlungsempfehlungen. Besteht eine konkrete Suizidgefahr ist es wichtig, sofort den Rettungsdienst unter 112 oder die Polizei zu verständigen.