Den Wecker auf eine ungerade Zeit stellen: Sinnvoll oder nur ein Mythos?
Manche Menschen stellen ihren Wecker auf eine ungerade Zeit und behaupten, morgens besser aufstehen zu können und sich ausgeschlafener zu fühlen. Doch stimmt das wirklich?

Das kennt doch wirklich jede:r: Morgens klingelt der Wecker und man würde am liebsten einfach liegen bleiben und weiterschlafen. Doch spätestens, nachdem der Wecker ein zweites oder drittes Mal nach dem Schlummermodus geklingelt hat, steht man widerwillig auf. Kein guter Start in den Tag. Eine Alternative soll helfen, morgens besser aufzustehen – aber tut sie das auch wirklich?
Schlafgewohnheiten der Bevölkerung
In einer Studie der Techniker Krankenkasse wurden die verschiedenen Schlafgewohnheiten untersucht. 80 Prozent der deutschen erwachsenen Bevölkerung geht in der Arbeitswoche vor Mitternacht ins Bett – und knapp 60 Prozent stehen bereits spätestens um sieben Uhr wieder auf. Dabei zeichnet sich sowohl abends als auch morgens ein gewisser Rhythmus ab: „Rund ein Drittel der Befragten geht an fünf Tagen in der Woche zur gleichen Zeit zu Bett, das heißt: plus oder minus eine Viertelstunde“, lautet es in der Studie. Ein weiteres Drittel halte seine Schlafenszeit sogar an allen Tagen in der Woche bei, nur bei sechs Prozent gebe es gar keinen Rhythmus. Auch morgens haben viele Menschen ihre Routine: 41 Prozent stehen an fünf Tagen in der Woche zur gleichen Zeit auf.
Morgens ausgeschlafen fühlen: Wie oft kommt das vor?
Darüber hinaus untersuchten die Forschenden, wie erholt sich die Proband:innen morgens fühlen. Während sich zwei Drittel der Männer nach der Nacht gut erholt fühlen, ist es bei Frauen mit 55 Prozent nur jede Zweite. Jüngere Personen empfinden ihren Schlaf dabei weniger erholsam als ältere, wobei sich die über 70-Jährigen zum Großteil auch wieder gut erholt fühlen.
Entscheidend für das morgendliche Aufstehen und das Gefühl der Erholung ist die Schlafphase, in welcher man sich befindet. Man unterscheidet zwischen vier verschiedenen Schlafphasen:
Einschlafphase
Leichtschlafphase
Tiefschlafphase
REM-Schlaf (Traumschlafphase)
Während die Phasen fließend ineinander übergehen, können sie jederzeit unterbrochen werden – und dabei fällt das Aufwachen aus einer Leichtschlafphase leichter, als wenn man sich im Tiefschlaf befindet. „Den Wecker eine halbe Stunde früher oder später klingeln zu lassen, kann da schon viel bewirken“, erklären die Forschenden. Und was ist, wenn man den Wecker auf eine ungerade Zeit stellt?
Zu einer ungeraden Zeit wecken lassen: Bringt das etwas?
Viele Menschen behaupten, sie fühlen sich morgens wacher, wenn sie ihren Wecker auf eine ungerade Zeit stellen. Dieses subjektive Empfinden kann bisher mit keinerlei wissenschaftlichen Nachweisen bestätigt werden – ob der Wecker um sechs Uhr oder um vier Minuten nach sechs klingelt, ist irrelevant. Wichtig sei vor allem, dass das individuelle Schlafbedürfnis erfüllt wurde.
Laut den Wissenschaftler:innen liege dieses bei Erwachsenen zwischen sieben und acht Stunden pro Nacht. Weil jede:r Vierte diese Zeitangabe jedoch nicht erreiche, seien viele Menschen morgens unausgeschlafen. Statt den Wecker nur zwei oder vier Minuten später zu stellen, um auf eine ungerade Uhrzeit zu kommen, sollte eher die Uhrzeit, wann man zu Bett geht, verändert werden – oder, wenn es möglich ist, morgens eine halbe Stunde länger geschlafen werden.
Schlafprobleme: Das kann helfen
Auch wenn das Weckerstellen auf eine ungerade Zeit keinen Effekt auf das morgendliche Gefühl der Erholung hat, gibt es mehrere Tipps, die die Schlafqualität verbessern sollen. So rät die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin zu folgenden Maßnahmen:
Keine koffeinhaltigen Getränke nach dem Mittagessen trinken
Alkohol weitgehend vermeiden
Keine Schlafmittel oder Appetitzügler einnehmen
Keine schweren Mahlzeiten am Abend verzehren
Regelmäßige körperliche Aktivität ausüben
Die geistige und körperliche Anstrengung vor dem Zubettgehen reduzieren
Persönliches Einschlafritual einführen
Angenehme Atmosphäre im Schlafzimmer schaffen (z.B. vor dem Schlafen lüften, Zimmer abdunkeln)
In der Nacht nicht auf den Wecker, das Handy oder die Armbanduhr schauen
Darüber hinaus wurde in einer anderen Untersuchung festgestellt, dass das Stirnhirn bei manchen Menschen mehr als 20 Minuten braucht, um aus dem Schlaf zu kommen. Um eine lange Reaktionszeit und schwache Konzentration zu verhindern, empfiehlt es sich nach dem Aufwachen zunächst ein paar Minuten liegen zu bleiben, bevor man aufsteht.
Wer um vier Uhr aufsteht, ist produktiver
Bei einer weiteren Umfrage mit mehr als 1.000 Teilnehmer:innen kamen die Forschenden zu dem Ergebnis, dass Menschen, die ihren Wecker zwischen vier und sieben Uhr morgens stellen, mit ihrer Lebensqualität glücklicher und zufriedener seien als andere, die später aufstehen. Auch die Produktivität und finanziellen Einkünfte sollen bei Frühaufsteher:innen besser sein: Diejenigen, die bereits um vier Uhr aufstehen, fühlen sich zu 71 Prozent „sehr produktiv“, während Leute, die um elf Uhr aufstehen, dieses nur zu 36 Prozent tun. Der Grund: Menschen, die früh aufstehen, schaffen mehr am Tag als diejenigen, die länger schlafen.
Einen klaren kausalen Zusammenhang gibt es jedoch nicht – denn die Produktivität kann bei einigen auch erst abends kommen. Ebenso gibt es keine eindeutige wissenschaftliche Erklärung für das folgende Umfrageergebnis: Das Einkommen der Vier-Uhr-Aufsteher:innen war im Schnitt doppelt so hoch als das der Menschen, die um zehn, elf oder zwölf aufstehen.
Am wichtigsten ist und bleibt jedoch, das individuelle Schlafbedürfnis zu erfüllen – denn nur mit ausreichend Erholung kann der Tag gut begonnen werden.
Quellen:
Schlaf gut, Deutschland, in: tk.de
Making the Most of the Morning, in: amerisleep.com