Das Baby schreit und überstreckt sich – leidet es unter Reflux?
Viele Säuglinge weinen nach der Still- oder Flaschenmahlzeit, überstrecken sich und spucken mehr als andere. Eltern suchen häufig mit ihren Kindern aufgrund dieser Symptome den Kinderarzt auf – der dann wahrscheinlich einen gastroesophagealen Reflux (GER), also Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre, diagnostizieren wird. Ist das schlimm? Woran liegt das? Was kann man dagegen tun?
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Das sagt die Kinderärztin Dr. med. Nadine McGowan
Bei fast jedem – ob Säugling, Kind oder Erwachsener – kommt es im Laufe des Tages zu einem mehr oder weniger ausgeprägten Rückfluss von Magensaft in die Speiseröhre. In den allermeisten Fällen bleibt das unbemerkt und folgenlos. Aber bei einigen Säuglingen ist die Ursache des Reflux ausgeprägter, sie spucken gar nach jeder Mahlzeit richtig und überstrecken sich sehr stark.
In besonders schlimmen – aber glücklicherweise seltenen – Fällen kann durch den Rückfluss das Gedeihen des Kindes beeinträchtigt werden. Auch kann es zu vermehrten Infekten der Lunge kommen, weil Speisebrei aspiriert wird (aspirieren=Verschlucken von flüssigen oder festen Stoffen in die Lunge). In diesen schweren Fällen spricht man von GERD – Gastro-Esophageal Reflux Disease. Diese Kinder gehören dann definitiv in die Hände eines erfahrenen Kindergastroenterologen, also eines auf Magen-Darm-Erkrankungen spezialisierten Kinderarztes.
Eigentlich gilt aber die alte Regel: Speikinder sind Gedeihkinder. Durch den Speichel sieht die Menge an ausgespuckter Milch nämlich oft nach deutlich mehr aus, als sie ist und die Kinder erhalten trotz der Spuckerei genug Nahrung. Zwei Drittel aller Babys leiden mehr oder weniger stark unter Reflux.*

Bei Babys ist der Muskel, der normalerweise den Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre verhindert, noch nicht so gut ausgebildet. Gänzlich verschließt er den Mageneingang auch bei größeren Kindern und Erwachsenen nie, es kann immer ein kleines bisschen zurückfließen, ohne dass das problematisch ist. Bis zu 66% aller Babys haben eine mehr oder weniger ausgeprägte Refluxsymptomatik, bei den allermeisten Kindern reguliert sich das Problem bis zum Erreichen des ersten Lebensjahres von ganz alleine, ohne dass weitergehende Therapien notwendig sind. Schlimm ist ein Reflux also meistens nicht. Oft ist schon eine deutliche Besserung sichtbar, sobald mit der Beikost begonnen wird – die naturgemäß nicht mehr so flüssig ist und schon alleine deshalb nicht so leicht den Weg zurück nach oben findet.
Was Sie tun können, wenn Ihr Baby Reflux-Beschwerden hat
Leidet ein Säugling unter ausgeprägten Symptomen, etwa häufiges und starkes Überstrecken des Oberkörpers (aufgrund von Schmerzen in der Speiseröhre durch zurückfließenden Speisebrei und Magensäfte), kann man mit einigen Maßnahmen Linderung verschaffen.
1. Die richtige Position
Sinnvoll ist in jedem Fall eine Fütterung des Babys in halb aufrechter Position, damit schon rein physikalisch weniger zurück in die Speiseröhre fließen kann. Ob eine leichte Oberkörperhochlagerung im Bett einen Vorteil bringt, wird kontrovers diskutiert – wahrscheinlich hat es keinen Effekt.
2. Bessere Bäuerchen
Hilfreich ist es, mehrmals zu bauern, so dass es möglichst nicht zu einer Druckerhöhung im Magen durch dort gefangene Luft kommt. Es hat sich bewährt, 10 Minuten nach dem letzten Bäuerchen nach der Mahlzeit ein weiteres zu versuchen. Manchmal hat sich die Luft im Magen dann so verteilt, dass sie leichter entweichen kann.
3. Weniger Rückfluss durch Andicken der Milchnahrung
In manchen Fällen kann es auch sinnvoll sein, die Milch etwas anzudicken (zum Beispiel mit einem Präparat, das als pflanzliches Dickungsmittel Johannisbrotkernmehl enthält). Die Verwendung solcher Präparate sollte aber immer mit dem Kinderarzt abgesprochen werden und keinesfalls zum Beenden des Stillens an der Brust oder gar zum Abstillen führen. Es gibt auch mehrere Formulanahrungen, die gegen Reflux helfen sollen – meist sind sie auch mit Johannisbrotkernmehl versetzt, um die Milchnahrung etwas dickflüssiger zu machen. Sprechen Sie mit Ihrem Kinderarzt, wenn Sie unsicher sind, ob so etwas für Ihr Kind in Frage kommt. Eine mögliche Nebenwirkung der angedickten Nahrung kann härterer Stuhlgang sein. Dann muss die Dosis reduziert werden.
4. Die Zeit heilt auch Reflux
In vielen Fällen reicht es aber aus, die Eltern über die Häufigkeit und Harmlosigkeit der Symptome aufzuklären und dem Muskel zwischen Speiseröhre und Magen einfach etwas Zeit zu geben, kräftiger zu werden.
* Gastroesophageal Reflux: Management Guidance fort he Pediatrician. Lightdale JR, Gremsen DA. Pediatrics 2013;131(5)1684-95