Cave-Syndrom: Corona-Folge für die Psyche
Die Corona-Pandemie hat eine Nebenwirkung, die einer Studie zufolge auch Menschen betrifft, die nie infiziert waren: das sogenannte Cave-Syndrom. Was hat es damit auf sich?
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Dreimal geimpft, der Frühling steht vor der Tür, die Maßnahmen werden gelockert: Eigentlich die Zeit, auf die wir uns alle seit zwei Jahren freuen. Lang ersehnte Ereignisse wie Treffen mit Freunden, Lokalbesuche und Museumsbummel werden für viele Menschen jetzt wieder möglich – doch bei einigen Menschen führt das zu neuer Angst anstatt zu Erleichterung. Für dieses Phänomen gibt es auch schon einen Namen: Cave-Syndrom. Doch handelt es sich dabei wirklich um eine psychische Störung oder brauchen wir alle nur etwas Zeit, um uns an die neue Situation zu gewöhnen?
Studie: Cave-Syndrom betrifft jeden Zweiten
Laut einer Befragung der American Pschology Association fühlte sich bereits im Frühsommer 2021 etwa jeder zweite US-Bürger unwohl bei dem Gedanken, sich nach der Pandemie wieder unter Menschen zu begeben. Diese „Angst vor dem normalen Leben“ ist unter geimpften Menschen demnach ebenso verbreitet wie unter ungeimpften.
Ist das Cave-Syndrom eine psychische Störung?
Unter Mediziner:innen ist der Begriff Cave-Syndrom umstritten – zahlreiche Expert:innen halten das Phänomen lediglich für eine „Anpassungsverzögerung“.
„Wir mussten uns daran gewöhnen, Masken zu tragen, physisch oder sozial in Distanz zu gehen, niemanden mehr einzuladen“, sagte Alan Teo, außerordentlicher Professor der Psychologie an der Oregon Health and Science University in Portland im Mai 2021 gegenüber Scientific American. „Es ist sehr schwer, sich eine einmal antrainierte Gewohnheit wieder abzutrainieren.“
Es könnte also schlicht normal sein, dass wir alle etwas Zeit brauchen, um uns wieder umzustellen und an die „neue Normalität“ zu gewöhnen. Ebenfalls normal ist es aus Sicht vieler Mediziner:innen, dass einige Menschen dazu etwas länger brauchen als andere. Darum gleich von einer neuen psychischen Störung zu sprechen, halten die meisten von ihnen für verfrüht.
„Syndrom ist ein Fachbegriff, der dafür steht, dass es Symptome psychischen Leids gibt, die immer wieder zusammen auftreten und die man zuverlässig beobachten kann“, so Angstforscher Georg Alpers von der Universität Mannheim im Juli 2021 gegenüber der Tagesschau. „Das wissen wir zu diesem Zeitpunkt aber noch überhaupt nicht. Syndrom hört sich an wie ein Krankheitsbild, bei den allermeisten ist es aber sicherlich keine Krankheit.“
Wann sollte das Cave-Syndrom behandelt werden?
Dennoch: Untersuchungen legen nahe, dass depressive Verstimmungen und Angststörungen in der Pandemie zugenommen haben. Sind die Beklemmungen bei der Rückkehr ins „alte“ Leben stark ausgeprägt, kann es sich dabei tatsächlich um eine Angststörung handeln – und das bedeutet für die Betroffenen eine große Belastung.
In diesem Fall sollte das Problem ernst genommen und gegebenenfalls behandelt werden. Wer ein leichtes Unbehagen bei dem Gedanken an Menschenmengen verspürt und auch bei niedrigen Inzidenzen das Fahrrad der vollen U-Bahn vorzieht, braucht sich deshalb noch keine Sorgen um seine psychische Gesundheit zu machen.
Wenn das Cave-Syndrom jedoch so stark ausgeprägt ist, dass die Angst den Alltag bestimmt und die Lebensqualität stark mindert, sollten Betroffene mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin darüber sprechen – in diesem Fall kann eine Behandlung sinnvoll sein.
Quellen:
STRESS IN AMERICA: One Year Later, A New Wave of Pandemic Health Concerns, in: apa.org
‘Cave Syndrome’ Keeps the Vaccinated in Social Isolation, in: scientificamerican.com