Angst vor Schwangerschaft: Was mir wirklich geholfen hat
Obwohl die Emanzipation so weit fortgeschritten ist, gilt die Angst vor Schwangerschaft noch immer als Tabu. Die Angst, ein Kind in sich zu tragen, die auch unter dem Fachbegriff Tokophobie, bekannt ist, ist jedoch sehr weit verbreitet. Umso wichtiger ist es, Frauen Mut zu machen, ihre Schwangerschaftsphobie zu überwinden, wenn sie einen Kinderwunsch haben. So habe ich es geschafft.

Für viele Frauen ist es der größte Traum, schwanger zu werden. Schon allein die Vorstellung daran erfüllt sie mit den größten Glücksgefühlen und sie können es kaum erwarten, endlich ein Kind in sich zu tragen. Dann gibt es Frauen, die zwar mit etwas Sorge in eine Schwangerschaft starten, aber die Vorfreude überwiegt. Und dann gibt es Frauen wie mich. Für diese Frauen ist die Vorstellung schwanger zu sein, der reinste Albtraum. Betroffene Frauen haben panische Angst vor einer Schwangerschaft. Deshalb empfinde ich es als wichtig, anderen Frauen Mut zu machen, die Angst vor der Schwangerschaft zu überwinden.
Tokophobie: Die Angst vor Schwangerschaft und Geburt
Heute weiß ich, dass diese spezifische Angst vor Schwangerschaft und Angst vor Geburt unter dem Fachbegriff Tokophobie vereint ist. Tokophobie setzt sich aus den altgriechischen Wörtern toko (Schwangerschaft) und phobos (Angst) zusammen.
Es gibt zwei unterschiedliche Formen:
Primäre Tokophobie: Unter einer primären Tokophobie leiden Frauen, die noch nie schwanger waren und aus unterschiedlichen Gründen Angst vor einer Schwangerschaft haben. Mögliche Gründe sind die körperlichen Veränderungen innerhalb einer Schwangerschaft, die Angst bei der Geburt zu sterben bis hin zu Gedanken, dass sie es nicht schaffen, ihr Kind zu lieben.
Sekundäre Tokophobie: Betroffene Frauen haben bereits eine Schwangerschaft und Geburt erlebt. Während der Schwangerschaft oder Geburt haben die Betroffenen traumatische Erfahrungen durchstehen müssen. Sie befürchten, dass sie diese Traumata bei einer erneuten Schwangerschaft erneut durchleben müssen.
Tokophobie-Symptome: Eindeutig von Besorgnis zu unterscheiden
Während es völlig normal ist, dass sich Frauen im Vorfeld einer Schwangerschaft gewisse Sorgen machen, schränkt eine Schwangerschaftsphobie die Lebensqualität der Betroffenen ein.
Bereits der Gedanke an eine Schwangerschaft kann so große Ängste auslösen, dass betroffene Frauen unter Panikattacken leiden.
Frauen, die unter einer stark ausgeprägten Tokophobie leiden, haben so große Angst, schwanger zu werden, dass sie besonders sicher verhüten – und beispielsweise sowohl die Pille als auch Kondome verwenden. In besonders gravierenden Fällen haben die Frauen so große Angst vor einer Schwangerschaft, dass sie ganz auf Sex verzichten oder sich sterilisieren lassen.
Angst vor Schwangerschaft: Ursache oft die unbegrenzte Informationsflut
Eine Studie von 1994 aus 720 Fragebögen der Universität Bamberg ergab, dass es einen starken Zusammenhang zwischen Frauen, die sich durch visuelle Medien informieren und einer Schwangerschaftsphobie gab. Dies erscheint wenig überraschend. Sehen Frauen dramatische Szenen einer Geburt, auch wenn es nur ein Spielfilm ist, prägt das. Heute sind die visuellen Eindrücke noch extremer, da der ungefilterte Informationsfluss durch die sozialen Netzwerke ein noch bedrohlicheres Bild abbilden kann – vor allem von echten Menschen und nicht Filmcharakteren.
Besonders folgende Ursachen können zu einer Angst vor Schwangerschaft führen:
Angststörung, besonders Angst vor Kontrollverlust und Angst vor Veränderung
Depression
traumatische Kindheitserlebnisse
traumatische Erlebnisse während einer vorherigen Schwangerschaft und Geburt
Angst vor Schwangerschaft: Meine Erfahrungen
Ich litt unter einer primären Tokophobie mit den Gedanken der körperlichen Veränderung als Ursache meiner Panik vor der Schwangerschaft. Auch wenn ich es bei anderen Frauen in meinem Umfeld immer wundervoll fand, wenn sie schwanger waren, konnte ich es mir nicht vorstellen, wie ich das aushalten soll. Und zwar nicht wegen des Verzichts auf Alkohol und Zigaretten, sondern es ging viel tiefer. Ich hatte immer geplant, ein Kind zu haben, aber die Vorstellung, dieses tatsächlich in meinem Körper zu haben, löste bei mir immer mehr panische Angst aus je älter ich wurde. Ich fand es einfach gruselig, dass sich ein anderes Lebewesen in meinem Körper entwickelt, sich von mir ernährt und ich darauf keinen Einfluss habe. Es war in gewisser Weise eine Angst vor Kontrollverlust.
Wenn ich über diese Ängste sprach, machten andere Frauen entweder große Augen, weil sie es überhaupt nicht nachvollziehen konnten, oder es kam der Spruch „Dann bist du einfach noch nicht so weit, schwanger zu werden.“
Angst vor Schwangerschaft überwinden: Was mir wirklich geholfen hat
Dann war ich plötzlich Ende 30. Ich konnte das Thema also nicht mehr verdrängen, sondern musste mich entscheiden, ob ich darauf verzichte, ein Kind in die Welt zu setzen (was natürlich das Recht jeder Frau ist) oder ob mein Kinderwunsch größer als meine Angst vor einer Schwangerschaft ist.
Werde ich es bereuen, wenn ich mich gegen ein Kind entscheide? Tatsächlich war es dieser Gedanke, der mir Mut verlieh, mich meinen Ängsten zu stellen.
Zudem gab es einen Satz einer Freundin, den ich mir als Mantra immer wieder sagte: „Es ist doch unglaublich, was wir Frauen können: Wir schaffen es, Leben zu kreieren! Dieses Wunder ist doch unglaublich!“ Und ja, das leuchtete mir ein! Wir Frauen sind Superheldinnnen! Durch unsere Gebärmutter haben wir eine Fähigkeit, die kein Mann hat – ein wunderbares Mantra!
Zwei andere Freundinnen mit Kinderwunsch, aber Angst vor Schwangerschaft, schafften es ebenfalls mir Mut zuzusprechen. Beide hatten bereits eine Schwangerschaft hinter sich und sagten zu mir: „Wenn du erstmal schwanger bist, wirst du keine Angst mehr haben. Die Hormone regeln das.“ Und so war es tatsächlich.
Sobald ich schwanger war, waren jegliche Gruselgefühle verflogen. Ich liebte diesen kleinen Zellhaufen in meinem Körper einfach ab dem ersten Moment. Meine Tochter gehörte ab dem ersten Tag ihrer Existenz zu mir. Die Verbundenheit war sofort da. Es war nicht beängstigend, sondern wunderschön, als ich sie das erste Mal spürte, diese ersten Kindsbewegungen, die sich wie Schmetterlinge im Bauch anfühlten, ganz sanft. Als später die ersten kräftigeren Tritte gegen meinen Bauch kamen, war ich voller Glückseligkeit, dass es meiner Kleinen gut geht und ich sie richtig spüren kann.
All meine Ängste und Sorgen waren wie verflogen. Tatsächlich war ich sogar während meiner Schwangerschaft so angstbefreit wie noch nie in meinem Leben. Die Schwangerschaftshormone regelten das tatsächlich. Und die Verbundenheit zum Kind im Bauch übertraf jegliche Ängste.
Wer unter einer ausgeprägten Tokophobie leidet und diese nicht aus eigenem Antrieb überwinden kann, sollte sich nicht schämen, Hilfe zu suchen. Ein:e Therapeut:in kann dabei unterstützen, die Ursachen zu analysieren und das Leben mit dieser Form der Angststörung zu bewältigen.
Schwangerschaftsphobie überwinden ist möglich
Ich möchte mir nicht anmaßen für alle Frauen mit einer Schwangerschaftsphobie zu sprechen. Natürlich ist es etwas anderes, wenn wie bei mir keine traumatische Erfahrung die Ursache für eine Tokophobie war.
Ich möchte aber allen Frauen, die wie ich unter einer Angst vor Schwangerschaft trotz Kinderwunsch leiden, Mut machen. Ich hätte niemals gedacht, dass ich meine Tokophobie überwinden kann und habe es doch geschafft. Ich habe mich meiner Angst vor der Schwangerschaft gestellt und wurde damit belohnt, dass ich mein Leben jetzt mit der wunderbarsten, lustigsten und beeindruckendsten Person der Welt teilen darf – mit meiner Tochter.
Quelle:
Otley, H. (2011): Fear of childbirth: Understanding the causes, impact and treatment. In: British Journal of Midwifery, 19(4), S. 215–220